I. Vorstand
Rz. 55
Notwendige Organe der SIA sind in Lettland die Gesellschafterversammlung und der Vorstand, der durch diese gewählt wird. Der Vorstand muss mindestens einen Geschäftsführer haben und als Exekutivorgan die Unternehmensleitung und Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten ausüben. Dabei kann nur derjenige Vorstandsmitglied werden, dessen Zustimmung zur Bereitschaft der Annahme des Amtes ausdrücklich vorliegt. Bei der Wahl zum Vorstand ist zu beachten, dass in Lettland zum einen bestimmte Personen aus gesetzlichen Gründen nicht zum Vorstand gewählt werden können, zum anderen auch in der Satzung hierzu Einschränkungen möglich sind, vgl. § 221 Abs. 4 HGB. Die endgültige Anzahl der Vorstandsmitglieder ist in die Satzung aufzunehmen, in der auch sinnvoller Weise die Regelungen der Beschlussfassung des Vorstands, der die Geschäfte gem. § 222 HGB gemeinschaftlich zu führen hat, aufgenommen werden sollten. Im Falle einer "kleinen" SIA dürfen Geschäftsführer nur ein oder mehrere Gesellschafter sein.
Rz. 56
Das Anstellungsverhältnis eines Vorstandsmitglieds kann durch einen Arbeitsvertrag, Vollmachts- oder Werkvertrag als Geschäftsführervertrag geregelt werden. Die Form des Vertrages ist durch die Parteien frei zu bestimmen. In den zwei letzteren Fällen kommt es zum Ausschluss der arbeitsrechtlichen Vorschriften. Diese werden nach der herrschenden Rechtsprechung zugunsten des Handelsgesetzes auch dann nicht angewandt, wenn im Rahmen eines Arbeitsvertrags dem Vorstandsmitglied gekündigt wird. Die Amtszeit des Vorstands ist unbestimmt. Ein Vorstandsmitglied kann abberufen werden oder kündigen. Genaueres hierzu muss die Satzung regeln, die auch den Rahmen der Vertretungsmacht der Vorstandsmitglieder genauer festlegt. So kann eine gemeinschaftliche oder eine Einzelvertretung der Gesellschaft geregelt werden. Eine Beschränkung der Vertretungsmacht nach außen ist aber nicht möglich.
Rz. 57
Die Entlassung von Geschäftsführern bedarf eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung (§ 224 Abs. 4 HGB), der durch eine einfache Mehrheit der anwesenden Gesellschafter, welche wiederum mehr als die Hälfte der gesamten Gesellschafteranzahl ausmachen müssen, getroffen wurde. Wenn der Geschäftsführer gleichzeitig einer der Gesellschafter ist, unterliegt dieser Gesellschafter einem Stimmverbot (§ 211 Abs. 2 HGB). Für die Wirkung im Verhältnis zu Dritten bedarf die Entlassung der Eintragung in das Handelsregister.
Ein Verzicht auf Schadensersatzansprüche erfordert einen ausdrücklichen Beschluss der Gesellschafterversammlung. Die Verzichtswirkung umfasst in tatsächlicher Hinsicht nur solche Ansprüche gegen die Geschäftsführer, die auf solchen Tatsachen beruhen, welche der Gesellschafterversammlung bei ihrer Entscheidung positiv bekannt waren (§ 173 Abs. 1 HGB). Der Verzicht auf Ersatzansprüche lässt aber das Recht der Minderheitsgesellschafter unberührt, zugunsten der SIA sämtliche Schadensersatzansprüche gegenüber dem Vorstand geltend zu machen (§ 173 Abs. 2 HGB).
Rz. 58
Gemäß § 221 HGB verwaltet und vertritt der Geschäftsführer die Gesellschaft. Er ist zu Bezügen in der Höhe berechtigt, die seinen Pflichten und dem finanziellen Zustand der Gesellschaft entspricht (§§ 221, 8 HGB).
Rz. 59
Ein Geschäftsführer hat bei der Erfüllung der auferlegten Pflichten in Sachen der Gesellschaft mit größter Sorgfalt zu verfahren, die von einem ehrbaren und sorgsamen Vermögensverwalter erwartet werden kann. Somit haftet der Geschäftsführer für jede Fahrlässigkeit. Das Fahrlässigkeitskriterium ist nach objektivem Maß (im Gegensatz zu subjektiver Wahrnehmung und Kenntnis) zu bestimmen.
Zu den anderen Pflichten des Geschäftsführers gehört die Treuepflicht. Aus dieser Pflicht folgt auch das Wettbewerbsverbot (§ 171 HGB). Es ist dem Geschäftsführer untersagt, Komplementär in einer Personalgesellschaft oder Gesellschafter in einer SIA mit zusätzlicher Haftung zu sein, im eigenen Namen oder im Namen eines Dritten oder zu eigenen Gunsten oder dessen eines Dritten Geschäfte in den Bereichen abzuschließen, in denen die Gesellschaft tätig ist, oder Geschäftsführer in einer Gesellschaft zu sein, die in dem gleichen Bereich tätig ist, Konzerne ausgenommen.
Rz. 60
Es sind sowohl zivilrechtliche, verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Haftungstatbestände für die Tätigkeit der Geschäftsführer vorgesehen. Im Falle des Verstoßes gegen die oben genannten Pflichten gegen die Gesellschaft bzw. die Gesellschafter ist der Geschäftsführer zum Ersatz aller Schäden verpflichtet, wobei die Beweispflicht für den Nachweis rechtmäßigen Handelns den Geschäftsführer trifft. Diejenigen Geschäftsführer, welche in gutem Glauben im Rahmen eines rechtmäßigen Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben, sind vor der Haftung insoweit befreit (§ 169 Abs. 4 HGB).
Rz. 61
Gemäß § 172 HGB wird eine auf Schadensersatz gerichtete Klage gegen den Geschäftsführer aufgrund des Beschlusses der Gesellschafter, der mit einfacher Mehrheit der anwesenden Gesellschafter getroffen wurde, erhoben. I...