Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
a) Grundlagen
Rz. 327
Die von § 309 Nr. 6 BGB nicht erfassten Vertragsstrafentypen sind nicht im Umkehrschluss generell als zulässig anzusehen. Vielmehr unterliegen sie auch im Unternehmerverkehr der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liegt vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen. Dabei ist ein genereller Prüfungsmaßstab, eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste, typisierende Betrachtungsweise, zugrunde zu legen.
b) Kumulationsverbot
Rz. 328
Vereinzelt enthalten Automatenaufstellverträge Schadensersatz- und Vertragsstrafenklauseln nebeneinander. Dann ist die Anrechnungspflicht nach §§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 BGB zu beachten, unabhängig davon, ob Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder wegen Schlechterfüllung verlangt wird. Folglich kann die Verpflichtung des Automatenaufstellers, sich auf seinen Schadensersatz wegen Nichterfüllung die aus gleichem Grunde vom Gastwirt verwirkte Vertragsstrafe anrechnen zu lassen (§ 340 Abs. 2 BGB), nicht durch AGB abbedungen werden.
Rz. 329
Das Verbot der Kumulation von Schadensersatz und Vertragsstrafe (§§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 BGB) gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn hierfür ein anzuerkennendes Bedürfnis besteht. So im Geschäftsverkehr der Unternehmer bei Dauerschuldverhältnissen, insbesondere auch bei Automatenaufstellverträgen. Hier gibt es ebenso wie in den Bereichen des Wettbewerbsrechts sowie bei Patent- und Lizenzverletzungen ein anzuerkennendes Bedürfnis für die Kumulation von Schadensersatz- und Vertragsstrafenansprüchen, aber nur dann, wenn der Sicherungszweck für die Zukunft nicht entfallen ist.
Rz. 330
Wird in der Vertragsstrafenklausel etwa die Formulierung "Darüber hinausgehende Schadensersatzansprüche des Aufstellers werden hierdurch nicht berührt." verwendet, so stimmt die Klausel mit der gesetzlichen Regelung überein. Denn steht dem Automatenaufsteller ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen (§ 340 Abs. 2 S. 1 BGB). Nach § 340 Abs. 2 S. 2 BGB ist die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen. Hier ergibt die Auslegung, dass es an einer Kumulation von Schadenersatz wegen Nichterfüllung und Vertragsstrafenregelung fehlt.
Rz. 331
Streitig ist, ob eine Klausel, nach der die Strafe den Erfüllungsanspruch unberührt lässt, ohne Weiteres im Hinblick auf §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 340 Abs. 1 S. 1 BGB zulässig ist.
c) Höhe
Rz. 332
Von einer unangemessen hoch angesetzten Strafe, die die Unwirksamkeit zur Folge hat, ist auszugehen, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und dessen Folgen für den Vertragspartner steht. Dies ist dann der Fall, wenn die Höhe der Vertragsstrafe nicht an das Gewicht des Vertragsverstoßes anknüpft, wegen fortschreitender Dauer des vertragswidrigen Zustands kontinuierlich steigt und wenn weder eine zeitliche noch eine summenmäßige Beschränkung vorgesehen ist. Dann liegt die unangemessene Benachteiligung des Vertragsstrafenschuldners vor allem in der Gefahr, dass die ständig wachsende Vertragsstrafe seine eigenen Vertragsansprüche aufzehrt, außer Verhältnis zum möglichen Schaden des Vertragsstrafengläubigers gerät und dem Automatenaufsteller sogar eine von seinem Sachinteresse nicht mehr gedeckte Vermögensquelle eröffnen kann.
Rz. 333
Umgekehrt ist eine Vertragsstrafe nicht unangemessen hoch angesetzt, wenn sie mit dem von ihr verfolgten Zwecken in Übereinstimmung steht. Der Gesetzgeber hat die Vertragsstrafe mit einer doppelten Zielrichtung zugelassen. Zum einen soll sie als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten. Zum anderen eröffnet sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis. Zur Verfolgung dieses Zwecks ist es sachgerecht und nicht unverhältnismäßig, wenn die Höhe der Strafe an den Umfang der geschuldeten Leistung anknüpft und durch ihn nach oben begrenzt wird. Schuldet der Gastwirt bei Verwirkung der Vertragsstrafe wirtschaftlich nicht mehr, als er bei gehöriger Erfüllung der übernommenen Verpflichtung an Leistung zu erbringen gehabt hätte, so bestehen hinsichtlich der Höhe keine Bedenken. Unwirksam wäre die vereinbarte Vertragsstrafenklausel nur, wenn die darin festgesetzte Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem...