Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 953
Zwar kann die Haftung für die fahrlässige Verletzung von vertragswesentlichen Pflichten nicht vollständig ausgeschlossen werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Ersatzpflicht in diesem Fall auf den vertragstypisch vorhersehbaren Schaden zu begrenzen.
Rz. 954
Eine Definition für den vertragstypisch vorhersehbaren Schaden existiert nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass der vertragstypisch vorhersehbare Schaden über den Durchschnittsschaden hinausgehen kann. Lediglich atypische Schäden bzw. ungewöhnliche Schadenskonstellationen sind einer formularmäßigen Freizeichnung zugänglich. Fraglich ist jedoch, wann eine derartig ungewöhnliche Schadenskonstellation vorliegt. Selbst der BGH räumt ein, dass im Einzelfall nicht immer ganz einfach feststellbar sein wird, ob mit dem Eintritt eines bestimmten Schadens zu rechnen war. Die Praxis verdeutlicht dies. Während beispielsweise die Beschädigung eines Fahrzeuges der Oberklasse noch einen vertragstypisch vorhersehbaren Schaden eines Garagenbetreibers darstellen soll, wird dies für die Beschädigung eines extrem teuren TV-Übertragungswagens verneint. Gegen diese Differenzierung ist einzuwenden, dass die Rechte des Kunden im Fall des TV-Übertragungswagens derart ausgehöhlt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks – nämlich die sichere Unterstellung/Aufbewahrung eines Pkws in einer Garage – gefährdet wäre (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Sofern der Garagenbetreiber ein derartiges Risiko nicht übernehmen möchte, ist zu überlegen, den Vertragszweck einzugrenzen und beispielsweise Garagenstellplätze für Pkws bis zu einem bestimmten Verkehrswert anzubieten.
Rz. 955
Soweit in der Praxis Klauseln verwendet werden, die die Haftung für bestimmte Schäden (z.B. Nutzungs- oder Produktionsausfall) ausschließen oder die Haftung der Höhe nach begrenzen, halten diese Klauseln einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB in der Regel nicht stand.
Rz. 956
Haftungsausschlüsse in Bezug auf bestimmte Schadensarten werden bereits daran scheitern, dass der vertragstypisch vorhersehbare Schaden nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch mittelbare Schäden oder Folgeschäden erfasst, wie z.B. den Nutzungsausfall wegen Reparaturarbeiten am Pkw oder die Kosten der Schadensermittlung. Insbesondere im unternehmerischen Geschäftsverkehr sind Folgeschäden selbstverständlich vertragstypisch und vorhersehbar. Unzulässig sind deshalb insbesondere Bestimmungen, die die Haftung des Klauselverwenders auf den unmittelbaren Schaden begrenzen oder die Ersatzpflicht für entgangenen Gewinn ausschließen.
Rz. 957
Hingegen besteht zwar die Möglichkeit, die Haftung für die fahrlässige Verletzung von wesentlichen Vertragspflichten der Höhe nach zu beschränken. Da solche betragsmäßigen Haftungsbegrenzungen geeignet sind, die Rechte des Kunden derart auszuhöhlen, dass der Vertragszweck gefährdet sein kann (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB), sind diese aber nach gefestigter Rechtsprechung des BGH nur wirksam, wenn die Höchstsumme den vertragstypisch vorhersehbaren Schaden abdeckt. Dies ist beispielsweise nicht der Fall bei einer Haftungsbegrenzung auf 5 % des Warenwertes bei einem Werftvertrag oder bei einer Haftungsbeschränkung auf das Sechsfache des monatlichen Lagerentgeltes in einem Lagervertrag. Die Begrenzung des Verzugsschadens auf 5 % des Kaufpreises soll jedoch zulässig sein, da der Käufer es selbst in der Hand habe, die Zeitdauer des Verzugs und damit die Höhe des Verzugsschadens gering zu halten, indem er dem Verkäufer zeitgleich mit der den Schuldnerverzug begründenden Mahnung eine Frist setzt, um sich nach Ablauf der Frist alsbald vom Vertrag zu lösen.
Rz. 958
Angesichts des Risikos, das mit betragsmäßigen Haftungsbegrenzungen verbunden ist, verbleibt für eine rechtssichere Klauselgestaltung nur die Möglichkeit, die Haftung des Klauselverwenders auf den vertragstypisch vorhersehbaren Schaden zu begrenzen. Dies birgt allerdings sowohl für den Klauselverwender als auch für seinen Vertragspartner die Gefahr, dass nicht eindeutig abgeschätzt werden kann, welche Schadenspositionen nun tatsächlich unter den Begriff des vertragstypischen vorhersehbaren Schadens fallen (siehe hierzu Rdn 963).