Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1045
Gerichtsstandsvereinbarungen können gemäß Art. 25 EuGVVO geschlossen werden:
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schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung (sog. halbschriftlich); |
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in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder |
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im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht. |
Rz. 1046
Das Erfordernis der Schriftlichkeit dient der Sicherstellung der Feststellung einer Willenseinigung über die Gerichtsstandsabrede. Hat nur der Käufer den Vertrag mit der Gerichtsstandsvereinbarung unterschrieben, so genügt für die Einhaltung des Schriftormerfordernisses gemäß Art. 23 Abs. 1 S. 3a LugÜ/Art. 25 Abs. 1 S. 3a EuGVVO, dass die Parteien die ihnen nach dem Vertrag obliegenden Leistungen zeitnah erbracht haben, was die Willensübereinstimmung der Parteien auch hinsichtlich der Gerichtsstandsvereinbarung belege. Sind Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB auf der Rückseite einer von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsurkunde abgedruckt, genügt dieses nicht für die Einhaltung des Erfordernisses der Schriftlichkeit gemäß Art. 25 EuGVVO. Dem Erfordernis ist nur dann Rechnung getragen, wenn der von beiden Parteien unterzeichnete Vertragstext auf diese allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich Bezug nimmt. Hierbei ist nicht erforderlich, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestandteil der unterzeichneten Vertragsurkunde sind. Es genügt in einem Fall, in dem die Vertragsurkunde auf ein früheres Angebot verweist, dass dieses Angebot deutlich auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist und der andere Vertragsteil die die allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Gerichtsstandsklausel auch erhalten hatte. Keine Willenseinigung konnte der EuGH in dem Fall feststellen, wenn ein Vertragsschluss mündlich vereinbart wird und der Verkäufer hierbei auf seine nicht vorliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist und er dem Käufer im Anschluss hieran den Vertragsschluss schriftlich bestätigt unter Beifügung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nach Ansicht des EuGH kann hier nicht unterstellt werden, dass der Käufer mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der darin enthaltenen Gerichtsstandsklausel einverstanden war.
Rz. 1047
Gemäß Art. 25 Abs. 2 EuGVVO sind elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, der Schriftform gleichgestellt. Unter diese Vorschrift fallen etwa E-Mails. Der EuGH hat in seinem Urt. v. 21.5.2015 – C 322/14 festgestellt, dass bei einem auf elektronischem Wege geschlossenen Kaufvertrag, der eine Gerichtsstandsvereinbarung enthält, durch das "click wrapping" den Anforderungen an eine elektronische Übermittlung im Sinne von Art. 23 Abs. 2 EuGVVO a.F., der wortgleich ist mit Art. 25 Abs. 2 EuGVVO, genügt. Weder ist erforderlich, dass sich die Internetseite mit den AGB bei dem Geschäftsabschluss automatisch öffnet, noch dass die AGB tatsächlich ausgedruckt oder gespeichert werden. Der Umweg über Markieren, Kopieren und Einfügen in ein anderes Programm soll dagegen nicht genügen.
Rz. 1048
Von dem Erfordernis der Sicherstellung einer Willenseinigung gewähren Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. b und lit. c EuGVVO Erleichterungen im Hinblick auf bestehende Gepflogenheiten der Geschäftspartner und auf Handelsbräuche. Entscheidend für die Annahme von derartigen Gepflogenheiten ist die auf eine Einbeziehung der Gerichtstandsklausel abzielende Willensübereinstimmung der Parteien über die laufende Geschäftsbeziehung hinweg. Ist diese Voraussetzung gegeben, schadet auch die teilweise nur mündlich und/oder zu geänderten Mengen erklärte Annahme von Angeboten, der die Gerichtsstandsklausel jeweils beigefügt waren, nicht. Nach Auffassung des EuGH würde im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen ein Bestreiten der Vereinbarung einer Gerichtsstandsabrede gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die Geschäftspartner mündlich die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbaren und der Empfänger der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach ihrer Übersendung nicht widerspricht.
Rz. 1049
Wird in der Verhandlung- und Vertragssprache auf den Einbezug von Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen und ist der Vertragspartner damit einverstanden, können Allgemeine Geschäftsbedingungen auch in einer anderen Sprache einbezogen werden.