Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
a) § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
Rz. 729
Da Darlehens- und Getränkelieferungsverträge ein Dauerschuldverhältnis begründen, ist § 314 BGB als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Jede Abweichung stellt nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB einen Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild des § 314 BGB dar.
aa) Verschulden
Rz. 730
Formularmäßig ist es auch durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht geboten, dass der Getränkelieferant die für die außerordentliche Kündigung erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen unter Beachtung der Tatbestandselemente der §§ 281, 323 BGB formuliert.
bb) Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung oder Abmahnung
Rz. 731
Bei Verletzung vertraglicher Pflichten darf formularmäßig gem. §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 314 Abs. 2 S. 1 BGB nicht auf das Erfordernis einer vorherigen erfolglosen Abmahnung oder den Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist verzichtet werden. Hintergrund hierfür ist, dass dem Schuldner in der Regel eine zweite Chance zur Beseitigung der Pflichtverletzung gewährt werden soll. So auch § 323 Abs. 1 BGB für den Fall des Rücktritts und § 281 BGB für den Fall des Schadensersatzes statt der Leistung.
b) § 307 Abs. 1 S. 1 BGB
aa) Kündigungsgrund
Rz. 732
Behält der Getränkelieferant sich vor, den Vertrag mit dem Gastwirt unter bestimmten Voraussetzungen zu kündigen, belastet dies den Gastwirt jedenfalls nicht über Gebühr. Die Kündigungsgründe heben überwiegend auf eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ab, die die Belange des Getränkelieferanten nicht unerheblich berühren, und sind deshalb durchweg sachgerecht.
bb) Einseitige Berechtigung
Rz. 733
Darin, dass in einem Gaststättenpachtvertrag den Verpächtern, nicht aber den Pächtern, zum Teil über die gesetzlichen Gründe hinausgehende Auflösungsgründe zugebilligt wurden, lag kein Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB.
cc) Wesentlicher bzw. schwerwiegender Verstoß
Rz. 734
Sowohl gem. § 138 Abs. 1 BGB als auch nach § 307 BGB berechtigen nur wesentliche oder schwerwiegende Vertragsverstöße zur fristlosen Kündigung. Diese Einschränkung der Kündigungsbefugnis muss sich aus der Kündigungsregelung selbst ergeben. Einmalige Verstöße dürfen daher nicht sanktioniert werden.
dd) Vertretenmüssen
Rz. 735
Im Hinblick auf die noch zu erörternde Frage, welche Auswirkungen die Kündigung der Leistungen, insbesondere des Darlehens, auf die Getränkebezugsverpflichtung hat, scheint es angezeigt, die Befugnis zur außerordentlichen Kündigung des Getränkelieferungsvertrages durch den Getränkelieferanten unter die Voraussetzung zu stellen, dass der Kunde die Kündigung zu vertreten hat. Damit wird auch dem von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernis eines wesentlichen bzw. schwerwiegenden Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung Rechnung getragen.