Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
a) Abgrenzung zur Vertragsstrafe
Rz. 678
Es bedarf ggf. sorgfältiger Prüfung, ob Schadensersatzpauschalierungen nicht tatsächlich verdeckte Vertragsstrafenversprechen enthalten. Während die Schadenspauschalierung allein den Schadensbeweis ersparen soll, hat die Vertragsstrafe einen doppelten Zweck. Erstens besteht ihr Zweck darin, die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit als "Druckmittel" zu sichern. Praktisch bedeutsam ist die Vertragsstrafedaher zur Abwehr von Fremd- und Minderbezügen. Sie soll dem Gläubiger zweitens im Falle einer Leistungsstörung den Schadensbeweis ersparen. Insofern besteht zur Schadensersatzpauschalierung Zweckidentität. Was gewollt ist, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Der gewählte Wortlaut ist für das eine wie für das andere ein gewisses Indiz. So sprechen die Formulierungen "Schadensersatz", "entgangener Gewinn", "…-entschädigung" und ähnliche für eine Schadensersatzpauschale. Erfüllt eine Klausel beide Begriffe, so muss sie auch die Anforderungen von § 309 Nr. 5 und 6 BGB einhalten.
Rz. 679
Jedenfalls im Unternehmerverkehr dürfte eine Abgrenzung zwischen Vertragsstrafe einerseits und Schadensersatz andererseits zumeist nicht entscheidungserheblich sein, weil auch dort Vertragsstrafenregelungen grundsätzlich zulässig sind und für die Überprüfung nach § 307 Abs. 1 BGB dieselben Grundsätze anzulegen sind.
Rz. 680
Ist die Klausel weder als Schadenspauschale noch als Vertragsstrafe unwirksam, so ist nach § 305c Abs. 2 BGB im Zweifel von einer Schadenspauschale auszugehen, weil diese im Gegensatz zur Vertragsstrafe keinen neuen Anspruchsgrund schafft. Nach anderer Auffassung sei wegen § 305c Abs. 2 BGB im Zweifel von derjenigen Auslegung auszugehen, bei der die Klausel unwirksam ist.
b) Inhaltskontrolle
Rz. 681
Die – zweifache – Schranke des§ 309 Nr. 5 BGB gilt im Unternehmerverkehr entsprechend. Stets ist das Nichterfüllungsinteresse durch das Erfüllungsinteresse begrenzt, weil dem Getränkelieferanten – auch im Rahmen von § 309 Nr. 5a BGB – nur das Recht zusteht, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Gastwirt ordnungsgemäß seine Abnahmepflichten erfüllt hätte. Die Schadenspauschale ist möglichst genau dem tatsächlich zu erwartenden Durchschnittsschaden anzupassen. Aus diesem Grund verbietet sich in der Regel eine Einheitspauschale. Wird sie dennoch vorgesehen, hat sie sich an dem niedrigsten in Betracht kommenden Durchschnittsschaden auszurichten.
Rz. 682
Folgende absoluten Beträge sind im Zusammenhang mit Schadensersatzpauschalen für den entgangenen Gewinn pro hl Bier aus der Rechtsprechung als anerkannt zu berichten: "40,00 DM/hl Fassbier und 5,00 DM je Kasten Flaschenbier", "50 DM/hl", "80 DM/hl", "50,00 EUR/hl" sowie "60,00 EUR/hl".
Rz. 683
Als prozentuale Schadensersatzpauschalen sind in den letzten Jahren – zum Teil wiederholt – im Zusammenhang mit Schadensersatzpauschalen für den entgangenen Gewinn pro hl Bier für zulässig angesehen worden: "20 % des jeweiligen Einkaufspreises gemäß der jeweils gültigen Preisliste", "25 % des Brauereiabgabepreises", "28 % des jeweiligen …-Abgabepreises (inklusive der jeweiligen Mehrwertsteuer)", "30 % Schadensersatz". Außerdem wurde über eine prozentuale Schadensersatzpauschale in Höhe von "50 % des jeweiligen Einzelhandels-Listenpreis für Fassbier der Sorte Pilsner" entschieden.
Rz. 684
Die vorstehend berichteten absoluten und prozentualen Schadensersatzpauschalen für Bier dürften sich auf Biermischgetränke übertragen lassen, für alkoholfreie Getränke müssten sie naturgemäß deutlich niedriger angesetzt werden.
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