Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1036
Gerichtsstandsklauseln unterliegen auch der Angemessenheitskontrolle des § 307 BGB. Sie verstoßen dann nicht gegen diese Vorschrift, wenn für sie ein berechtigtes Interesse besteht oder ein entsprechender Handelsbrauch zugrunde liegt. In gleicher Weise sind Erfüllungsortvereinbarungen zu beurteilen, die den Gerichtsstand verändern. Zulässig ist etwa die formularmäßige Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts am Ort der Hauptniederlassung des Verwenders. Dies gilt auch für den Kanzleiort seines Rechtsanwalts, es sei denn, dass dies wegen der örtlichen Lage der Parteien und dem fehlenden Bezug zum Vertrag ungewöhnlich und dem Vertragsgegner nicht zuzumuten ist.
Rz. 1037
Für Gerichtsstandsklauseln, die unabhängig vom Streitwert die Zuständigkeit eines Amtsgerichts begründen sollen, besteht kein berechtigtes Interesse. Zwar besteht auch bei Berufungsurteilen der Landgerichte die Möglichkeit, die Revisionsinstanz anzurufen (§§ 542, 543 ZPO). Amtsrichter unterliegen jedoch einer weit höheren Fallbelastung als Richter am Landgericht, sodass sie allein schon aus Zeitgründen nicht in der Lage sind, sich größeren Prozessen mit derselben Sorgfalt zu widmen wie Richter am Landgericht. Bei Landgerichtsprozessen ist zudem in vielen Sachgebieten ohnehin noch gemäß § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO die aus drei Richtern bestehende Zivilkammer zuständig, etwa bei Streitigkeiten über Presseangelegenheiten, Bank- und Finanzgeschäften, Bau- und Architektenverträgen etc. Die Geschäftsverteilungspläne der Landgerichte tragen dem in aller Regel Rechnung und ermöglichen den einzelnen Kammern eine Spezialisierung, indem bestimmte Sachbereiche einer Kammer allein zugewiesen werden. Darüber hinaus besteht bei originärer Einzelrichterzuständigkeit gemäß § 348 Abs. 3 ZPO die Möglichkeit, den Fall der Kammer zur Entscheidung zu übertragen, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder sie grundsätzliche Bedeutung hat. Nicht zuletzt ist auf die Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen gemäß § 93 ff. GVG hinzuweisen. Diese gesetzlichen Regelungen dienen der Sicherstellung einer Rechtsprechungsqualität beim Landgericht, die es beim Amtsgericht nicht geben kann. Es ist unrealistisch, einem pragmatisch entscheidenden Amtsrichter etwa einen komplizierten Bauprozess mit einem Streitwert in dreistelliger Millionenhöhe übertragen zu wollen.
Rz. 1038
Werden Gerichtsstandsklauseln unterschiedslos im kaufmännischen und nicht kaufmännischen Geschäftsverkehr verwandt, bleiben sie gegenüber Kaufleuten wirksam. Im Unterlassungsklageverfahren können derartige Klauseln indes für unwirksam erklärt werden.