Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
A. Allgemeines
I. Der Begriff und das Wesen des Franchise
Rz. 887
Infolge der Pronuptia-Entscheidung hatte die Kommission im Jahr 1988 (siehe hierzu Rdn 927 f.) eine eigene Franchise-GVO erlassen. In dieser wurden Franchisevereinbarungen an bestimmte Mindestvertragsbestandteile, wie die "Benutzung eines gemeinsamen Namens oder Zeichens" oder die "Mitteilung von Know-how durch den Franchisegeber an den Franchisenehmer" angeknüpft. Mit Außerkrafttreten der Franchise-GVO im Jahr 1999 entfiel bis auf Weiteres diese bis dahin einzige Legaldefinition des Begriffs "Franchise". Dieser bezeichnet in der Sache eine vertikal-kooperative Vertriebsform. Franchisesysteme zeichnen sich typischerweise dadurch aus, dass eine Vielzahl von Franchisenehmern im Rahmen eines stark vereinheitlichten Auftritts als eng angebundene Vertriebspartner des Franchisegebers fungieren. Es liegt daher in der Natur der Sache, dass es sich bei Franchiseverträgen fast ausnahmslos um standardisierte Verträge handelt, die dem AGB-Recht unterliegen. Sie gehören nicht zu den im deutschen Recht gesetzlich typisierten Verträgen, sondern sind als Typenkombinationsverträge mit Elementen des Lizenz-, Dienst-, Werk-, Kauf- sowie Geschäftsbesorgungsvertrags zu charakterisieren, wobei ein Schwerpunkt bei der Geschäftsbesorgung liegt. Franchiseverträge begründen Dauerschuldverhältnisse mit starker persönlicher Bindung, auch wenn die Parteien als rechtlich selbstständige Unternehmer operieren. Sie sind typischerweise als Rahmenverträge ausgestaltet, die geprägt sind von gegenseitiger Interessenwahrung, bei hoher wirtschaftlicher Bedeutung für beide Seiten. Mit dem Franchisevertrag erhält der Franchisenehmer Nutzungsrechte an einer Reihe gewerblicher Schutzrechte (z.B. Markenrechte, Patentrechte, Know-how, Gebrauchs- oder Geschmacksmusterrechte). Charakteristisch für das Franchising ist die Verwendung eines gemeinsamen Zeichens, Namens, Symbols oder Kennzeichens durch alle Franchisenehmer desselben Franchisegebers.
II. Franchise-Formen
Rz. 888
Nach der Art des Systems werden drei Franchising-Modelle unterschieden: Subordinationsfranchising, Partnerschaftsfranchising und Masterfranchising. Bei Letzterem wird dem Masterfranchisenehmer durch den Masterfranchisegeber das Recht gewährt, weiteren Franchisenehmern Unterlizenzen einzuräumen, Masterfranchising ist also ein mehrstufiges Franchise-System. Zwischen Masterfranchisegeber und Masterfranchisenehmer werden die Verträge oftmals individuell ausgehandelt, sodass das AGB-Recht insofern eine untergeordnete oder sogar keine Rolle spielt. Die im Verhältnis zwischen dem Masterfranchisenehmer und dem Unterfranchisenehmer geschlossenen Verträge entsprechen wiederum typischerweise Subordinationsfranchiseverträgen.
Rz. 889
Das Subordinationsfranchising ist als "Weiterentwicklung des Vertragshändlervertriebs" von einem Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer geprägt. Demgegenüber stehen beim Partnerschaftsfranchising gegenseitiger Austausch und gemeinsame Ausarbeitung des Systems im Vordergrund. Partnerschaftsfranchising fällt insofern aus dem klassischen Vertriebsrecht heraus; auch die Bedeutung der AGB-Vorschriften ist für das Partnerschaftsfranchising geringer.
Rz. 890
Im Mittelpunkt dieser AGB-rechtlichen Betrachtung steht daher das Subordinationsfranchising, welches aufgrund der darin verkörperten Über- und Unterordnungsverhältnisse besonders AGB-sensibel ist. Das Subordinationsfranchising ist auch die in der Praxis deutlich häufigere Form. Wenn also im Folgenden von Franchiseverträgen die Rede ist, sind damit grundsätzlich Subordinationsfranchiseverträge gemeint.