Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 490
Der Bauträgervertrag wird nach dem am 2.3.2017 beschlossenen Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung in § 650t BGB eine Legaldefinition erhalten. Die neue gesetzliche Regelung knüpft an die Einordnung als typengemischter Vertrag an, indem einerseits nach § 650t Abs. 2 BGB die Errichtung und der Umbau (eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks) dem Werkrecht und andererseits gemäß § 650t Abs. 1 S. 3 BGB die Eigentumsübertragung (eines Grundstücks oder Übertragung oder Bestellung eines Erbbaurechts) dem Kaufrecht zugeordnet werden soll. Nach § 650t Abs. 2 BGB sollen insbesondere die Vorschriften über die Kündigung (§§ 648, 648a BGB) keine Anwendung finden, sondern stattdessen die allgemeinen Rücktrittsrechte. Eine freie Kündigung liefe dem wirtschaftlichen Ziel eines Bauträgervertrags zuwider und eine Kündigung aus wichtigem Grund, die zu einer Teilabwicklung des Vertrages führen könnte, soll wegen der Einheitlichkeit des Bauträgervertrags ebenfalls nicht möglich sein.
a) Der Vertragsschluss vor Errichtung des Baus
Rz. 491
Zum Teil wird der Charakter des Bauträgervertrags als einheitlicher Vertrag betont. Es handele sich um einen reinen Kaufvertrag, da der Bauträger nur das fertige Bauwerk in Form des bebauten Grundstückes schulde und nicht das bereits erwähnte Bündel von Leistungen.
Rz. 492
Dem wird entgegengehalten, dass das Werkvertragsrecht den bauspezifischen Besonderheiten des Bauträgervertrags besser gerecht werde und es keinen sachlichen Grund gebe, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Vielmehr liege in der Bauerrichtungsverpflichtung klar eine werkvertragliche Prägung. Mithin sei ausschließlich Werkrecht anzuwenden, da der Bauträger das auf dem Grundstück zu errichtende Bauwerk zu verschaffen habe.
Rz. 493
Sachgerecht erscheint es, weiterhin auf jeweils das Recht zurückzugreifen, in dem die Leistungsstörung liegt – also für die Bauerrichtung auf Werkrecht, für den Grundstückserwerb auf Kaufrecht. Letzteres regelt zum Beispiel allein die Frage der Erschließungskosten (§ 436 BGB), während die Regelungen des Werkrechts im Hinblick auf die Bauverpflichtung sowohl den Interessen des Bauträgers als auch denen des Erwerbers Rechnung tragen. Wie das Selbstvornahmerecht des § 637 BGB, das Wahlrecht des Unternehmers bezüglich der Mängelbeseitigung nach § 635 Abs. 1 BGB und nicht zuletzt die Abnahme gemäß § 640 BGB, die nicht mit der Übergabe im Kaufrecht vergleichbar ist, zeigen, bestehen auch nach der Schuldrechtsmodernisierung noch maßgebliche Unterschiede zwischen Kauf- und Werkvertrag, die den Werkvertrag hier vorzugswürdig erscheinen lassen.
b) Vertragsschluss nach Fertigstellung des Baus
Rz. 494
Ist der Bau zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits vollständig fertiggestellt, weil es beispielsweise als Musterhaus oder für den Veräußerer selbst errichtet worden ist, wird teilweise gefordert, alleine Kaufrecht anzuwenden. Begründet wird dies damit, dass zu diesem Zeitpunkt nur noch die Mängelhaftung relevant sei und angesichts der Harmonisierung von Kauf- und Werkvertrag kein Grund bestünde, Werkvertragsrecht anzuwenden. Dem Vertragsinhalt entspräche jetzt vielmehr das Kaufrecht.
Rz. 495
Angesichts der gefestigten Rechtsprechung zur Fallgruppe der bereits fertiggestellten Vorhaben ist jedoch von einer rein kaufvertraglichen Vertragsgestaltung abzuraten. Auch sprechen erhebliche Gründe für eine Beibehaltung des werkvertraglichen Regimes: Die einheitliche Behandlung sorgt dafür, dass bei Gesamtvorhaben nicht einige Erwerber nach Werkrecht beurteilt würden, für spätere Erwerber hingegen das Kaufrecht gälte. Durch eine förmliche Abnahme des Baus i.S.d. § 640 BGB ist schließlich auch der Beginn der Verjährung von Sekundäransprüchen sichergestellt.