Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1117
Der Handelsvertreter hat von Gesetzes wegen Anspruch auf Provision für Geschäfte, die während der Dauer des Handelsvertreterverhältnisses abgeschlossen werden, § 87 Abs. 1 HGB. Das gilt auch, wenn die Geschäfte erst nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses ausgeführt werden (sog. "Überhangprovisionen"). Der Anspruch auf Überhangprovisionen kann individualvertraglich ausgeschlossen oder beschränkt werden. Ob das auch AGB-mäßig möglich ist, wurde vom BGH bislang nicht entschieden, ist aber zu bejahen. Zum einen kann man den Ausschluss von Überhangprovisionen als Preisabrede verstehen. Zum anderen findet der Ausschluss von Überhangprovisionen Berücksichtigung im Rahmen der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs, und zwar nicht nur bei der Bestimmung des Höchstbetrags, sondern auch bei der Bestimmung des Rohausgleichs. Im AGB-mäßigen Ausschluss von Überhangprovisionen liegt daher nicht per se eine unbillige Beeinträchtigung des Handelsvertreters.
Rz. 1118
Ein AGB-mäßiger Ausschluss von Überhangprovisionen ist allerdings unwirksam, wenn er nach seinem Wortlaut auch Fälle erfasst, in denen der Provisionsanspruch des Handelsvertreters gemäß § 87a HGB nicht ausgeschlossen werden kann. Der BGH hat dies bei folgender AGB-Klausel angenommen:
Zitat
"Für Verträge, die während der Vertragszeit abgeschlossen werden, die aber erst nach Vertragsbeendigung ausgeführt werden, erhält der Handelsvertreter Provision nur dann, wenn die Ausführung des Auftrages innerhalb von 6 Monaten nach Ausscheiden des Handelsvertreters erfolgt."
Die Klausel steht in Widerspruch zu § 87a Abs. 3 S. 1 HGB, der gemäß § 87a Abs. 5 HGB zwingend ist, denn der Ausschluss greift nach dem Wortlaut der Klausel ohne Rücksicht darauf, ob die Verspätung vom Prinzipal zu vertreten ist. Vertragswidriges Verhalten des Prinzipals darf aber nicht zulasten des Handelsvertreters gehen, wie sich aus § 87a Abs. 2 S. 1 HGB ergibt. Überdies steht die Klausel auch im Widerspruch zu § 87a Abs. 1 S. 3 HGB: Danach hat der Handelsvertreter zwingend Anspruch auf Provision jedenfalls sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.
Rz. 1119
Unwirksam ist auch folgende den Anspruch des Handelsvertreters auf Überhangprovision betreffende AGB-Klausel:
Zitat
"Die Handelsvertretung hat Anspruch auf Provision für Umsätze, die [der Prinzipal] während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses mit den durch die Handelsvertretung gewonnenen Kunden erzielt. Der Anspruch auf Provision endet mit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses."
Die Klausel ist unwirksam, weil sie den Anspruch auf Überhangprovisionen auch in Fällen ausschließt, in denen der Prinzipal Umsätze aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht oder erst verspätet erzielt, weil er sich gegenüber dem Dritten vertragswidrig verhalten hat. Das verstößt gegen die zwingende Bestimmung des § 87a Abs. 3 HGB, wonach der Provisionsanspruch nicht dadurch beeinträchtigt werden kann, dass der Prinzipal aus von ihm zu vertretenden Gründen das provisionspflichtige Geschäft nicht oder nicht wie abgeschlossen ausführt.