Rz. 2113

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.4.1980,[3908] kurz auch als UN-Kaufrecht bzw. als CISG (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods) bezeichnet, ist ein internationales Übereinkommen zwischen mittlerweile 86 Vertragsstaaten.[3909] In Deutschland ist das UN-Kaufrecht am 1.1.1991 in Kraft getreten.[3910] Das CISG ist Bestandteil des deutschen Rechts und Spezialgesetz für den internationalen Warenkauf; es geht dem unvereinheitlichten deutschen Kaufrecht vor.[3911]

 

Rz. 2114

Das UN-Kaufrecht hat gerade für den Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland einen überragenden Stellenwert und stellt die international bedeutendste Konvention auf dem Gebiet der Vereinheitlichung des Privatrechts dar.[3912] Praktisch alle Exportverträge und die weit überwiegende Zahl der Importverträge beurteilen sich aus deutscher Sicht primär nach dem UN-Kaufrecht.[3913] Über 75 % des internationalen Handels erfolgen mit Vertragsstaaten.[3914] Aufgrund seiner klaren, verständlichen, widerspruchsfreien und rechtspolitisch einleuchtenden Regeln[3915] war das UN-Kaufrecht darüber hinaus in zahlreichen Regelungsbereichen Vorbild für die deutsche Schuldrechtsreform.[3916]

 

Rz. 2115

Innerhalb seines Anwendungs- und Geltungsbereichs verdrängt das UN-Kaufrecht das unvereinheitlichte nationale Recht (aus deutscher Sicht BGB/HGB). Dies gilt auch für zeitlich nachfolgendes und zwingendes unvereinheitlichtes Recht.[3917] In der Gesamtbetrachtung eröffnet das UN-Kaufrecht – nicht zuletzt aufgrund seiner Flexibilität (Art. 6 CISG) – gegenüber dem BGB/HGB erheblich erweiterte Spielräume für die Vertragsgestaltung.Gleichwohl wird das UN-Kaufrecht in der Praxis häufig reflexartig und formularmäßig ausgeschlossen. Eine kritische, einzelfallbezogene Auseinandersetzung der Vor- und Nachteile gegenüber dem nationalen Recht findet nicht statt.[3918] Dies mag damit zu tun haben, dass sich weder Unternehmer noch deren anwaltliche Berater mit den Besonderheiten des UN-Kaufrechts auseinandersetzen wollen und stattdessen – getreu dem Motto "the devil you know is better than the devil you do not know" – auf die ihnen vertrauter scheinenden Regeln des BGB und HGB zurückgreifen.[3919]

[3908] Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf v. 11.4.1980 (BGBl 1989 II S. 588).
[3909] Der aktuelle Stand ist abrufbar unter www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/sale_goods/1980CISG_status.html (zuletzt abgerufen am 28.6..2017).
[3910] BGBl II 1990 S. 586.
[3912] Beck'scher Online-Kommentar/Saenger, CISG, Präambel Rn 1b; UNCITRAL, Digest, Introduction S. XI.
[3913] Piltz, NJW 2013, 2567.
[3914] Beck'scher Online-Kommentar/Saenger, CISG, Präambel Rn 1b.
[3915] UNCITRAL, Digest, Introduction S. xi.
[3916] Siehe Begründung in BT-Drucks 14/6040, S. 86.
[3917] Piltz, Münchner Anwaltshandbuch Internationales Wirtschaftsrecht, § 7 Rn 16 ff.
[3918] Vgl. Piltz, UN-Kaufrecht I CISG – Was spricht dagegen?, ZVertriebsR 2017, 138 (140); Piltz, NJW 2012, 3061; Piltz, NJW 2011, 2261.
[3919] Koch, NJW 2000, 910.

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