Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Rechtsnatur des Architektenvertrags
Rz. 192
Der Architektenvertrag ist in der Regel ein Werkvertrag, in dessen Rahmen als Hauptleistung die Entstehung eines mangelfreien Bauwerks geschuldet ist. Er wird nur ausnahmsweise als Dienstvertrag anzusehen sein, wenn etwa der Architekt sich nicht zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges, sondern zur wirtschaftlichen Beratung und technischen Betreuung bei einer beabsichtigten Errichtung eines Bauwerks verpflichtet, ein angestellter Architekt aufgrund seines Arbeitsvertrags Planungsleistungen oder ein Architekt als freier Mitarbeiter nur ergänzende Planungs- und Koordinierungsleistungen im Rahmen eines umfassenden Architektenvertrags seines Auftraggebers erbringt.
Rz. 193
AGB in Architektenverträgen unterliegen der Inhaltskontrolle der § 307 ff. BGB. Es gilt für AGB in Architektenverträgen ebenso wie für AGB in anderen Verträgen, dass sich eine Unwirksamkeit nur zugunsten des Vertragspartners des Verwenders auswirkt. Hat der Verwender lediglich für ihn nachteilige oder den Vertragspartner begünstigende Klauseln eingebracht, so bleiben diese wirksam, denn eine Inhaltskontrolle zugunsten des Verwenders ist unzulässig. Die § 305 ff. BGB sind darüber hinaus nicht anwendbar, wenn sie im Rahmen der Vertragsverhandlungen ausgehandelt i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB sind. Verlangen beide Vertragsparteien unabhängig voneinander die Einbeziehung derselben AGB in den Vertrag, so fehlt es ebenfalls an der für die Anwendung der § 305 ff. BGB notwendigen einseitigen Stellung der Vertragsbestimmungen durch einen Verwender.
II. Prüfungsmaßstäbe für AGB in Architektenverträgen
Rz. 194
AGB in Architektenverträgen müssen sich an der HOAI messen lassen. Während sich die Vergütungspflicht dem Grunde nach gemäß den zivilrechtlichen Vorschriften richtet, ist die HOAI verbindliches Preisrecht und regelt die Vergütungspflicht der Höhe nach. Sie bildet für Entgeltklauseln ein gesetzliches Leitbild, an dem abweichende Formularbestimmungen zu messen sind. Die HOAI wurde zuletzt im Jahr 2013 novelliert und erfuhr zahlreiche Änderungen, u.a. durch Überarbeitung der Leistungsbilder, die Erhöhung und Neubestimmung der Honorarsätze, Wiedereinführung des bis zur HOAI 2002 verwendeten Begriffs der "Grundleistung", Berücksichtigung des Umfangs der mitzuverarbeitenden Bausubstanz, tatbestandliche Neufassung von Umbauten i.S.v. § 2 Abs. 5 HOAI sowie die Neuregelung zur Honorierung von Planungsleistungen beim Bauen im Bestand.
Rz. 195
Klauseln in Architektenverträgen können nicht nur am Maßstab der §§ 305 ff. BGB geprüft werden. Sie können auch aufgrund eines Verstoßes gegen zwingende Regelungen der HOAI unwirksam sein, ohne dass es eines Rückgriffs auf eine weitere Rechtsfolgenanordnung bedürfte. Tatbestände der HOAI, die diese Wirkung haben, sind solche, die einen Zugriff des Preisrechts auf den Vertragsschluss darstellen und zum Ausdruck bringen, dass bestimmte Abreden nicht getroffen werden "können".
Rz. 196
Stellen Klauseln einen Verstoß gegen Bestimmungen der HOAI dar, nach denen die Parteien eine bestimmte Vereinbarung nicht treffen "dürfen", so sind diese Regelungen der HOAI als Verbotsgesetze in Sinne des § 134 BGB anzusehen. Werden diese Vorschriften, wie etwa § 7 Abs. 4 S. 1 HOAI oder § 8 HOAI, missachtet, so stellt dies einen Verstoß gegen § 134 BGB in Verbindung mit der jeweiligen Vorschrift dar.
Rz. 197
An der Inhaltskontrolle der § 305 ff. BGB können Klauseln scheitern, wenn sie gegen honorarrechtliche Leitlinien der HOAI verstoßen, die nicht die Beschränkung der Vertragsfreiheit der Vertragspartner bezwecken. Eine Inhaltskontrolle kommt parallel zu einem möglichen Verstoß gegen die HOAI selbst bzw. in Verbindung mit § 134 BGB in Betracht, da bei einer Verletzung bindender rechtlicher Vorgaben auch die Voraussetzungen von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB erfüllt sind.