Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Begriff
Rz. 485
Im Rahmen eines Bauträgervertrags verpflichtet sich der Bauträger zur Planung und Errichtung eines Bauwerks in eigenem Namen für eigene oder fremde Rechnung, § 34c Abs. 1 S. 1 Nr. 4a GewO. Anschließend wird das Baugrundstück– üblicherweise schlüsselfertig – dem Erwerber übertragen. Dies ist gleichzeitig der wesentliche Unterschied zum Bauvertrag. Der Bauträger verschafft dem Erwerber das Eigentum an dem Grundstück und Gebäude, während der Bauunternehmer ein Gebäude auf einem Grundstück errichtet, dessen Eigentum der Auftraggeber bereits innehat. Deshalb ist der Bauträgervertrag gemäß § 311b Abs. 1 S. 1 BGB auch beurkundungspflichtig, was für den Bauvertrag grundsätzlich nicht gilt.
Rz. 486
In der Praxis existieren aus steuerlichen Gründen oder zur Vermeidung der Bauträgerhaftung sehr unterschiedliche Baumodelle.
II. Rechtsnatur
Rz. 487
Der Vertrag zwischen Bauträger und Erwerber ist ein Vertrag sui generis als typengemischter Vertrag, der neben werkvertraglichen auch kaufrechtliche Elemente und Bestandteile aus dem Geschäftsbesorgungsrecht enthält. Denn neben dem das Grundstück betreffenden Kauf sind regelmäßig auch Organisations-, Architekten-, Ingenieur- und natürlich Bauleistungen Inhalt des Vertrags.
1. Auswirkung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
Rz. 488
Im Zusammenhang mit dem Recht vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 wurde von der Rechtsprechung anfangs der kaufrechtliche Aspekt in den Vordergrund gestellt. Angesichts der Gemengelage hatte sich jedoch zuletzt die Ansicht durchgesetzt, nach der eine reine Anwendung des Kauf- oder Werkrechts nicht zweckmäßig ist, aber zumindest die Errichtungsverpflichtung betreffend, das Werkvertragsrecht gilt.
2. Auswirkung der Vorschriften zur Verjährung von Mängelansprüchen
Rz. 489
Die Schuldrechtsmodernisierung hat eine Harmonisierung des Rechts der Leistungsstörungen gebracht. Mit § 438 Abs. 1 Nr. 2a BGB wurde die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen nach § 437 Nr. 1 und 3 BGB wegen eines Mangels bei einem Bauwerk auf fünf Jahre bestimmt. Damit ist die kaufvertragliche Verjährung nun der Verjährung im Werkvertragsrecht (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) angeglichen. Dies hat die Diskussion um die Rechtsnatur des Bauträgervertrags wieder aufleben lassen, da so die Möglichkeit eröffnet worden ist, auf den Bauträgervertrag auch Kaufrecht anzuwenden.
3. Reform des Bauvertragsrechts und Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung
Rz. 490
Der Bauträgervertrag wird nach dem am 2.3.2017 beschlossenen Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung in § 650t BGB eine Legaldefinition erhalten. Die neue gesetzliche Regelung knüpft an die Einordnung als typengemischter Vertrag an, indem einerseits nach § 650t Abs. 2 BGB die Errichtung und der Umbau (eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks) dem Werkrecht und andererseits gemäß § 650t Abs. 1 S. 3 BGB die Eigentumsübertragung (eines Grundstücks oder Übertragung oder Bestellung eines Erbbaurechts) dem Kaufrecht zugeordnet werden soll. Nach § 650t Abs. 2 BGB sollen insbesondere die Vorschriften über die Kündigung (§§ 648, 648a BGB) keine Anwendung finden, sondern stattdessen die allgemeinen Rücktrittsrechte. Eine freie Kündigung liefe dem wirtschaftlichen Ziel eines Bauträgervertrags zuwider und eine Kündigung aus wichtigem Grund, die zu einer Teilabwicklung des Vertrages führen könnte, soll wegen der Einheitlichkeit des Bauträgervertrags ebenfalls nicht möglich sein.
a) Der Vertragsschluss vor Errichtung des Baus
Rz. 491
Zum Teil wird der Charakter des Bauträgervertrags als einheitlicher Vertrag betont. Es handele sich um einen reinen Kaufvertrag, da der Bauträger nur das fertige Bauwerk in Form des bebauten Grundstückes schulde und nicht das bereits erwähnte Bündel von Leistungen.
Rz. 492
Dem wird entgegengehalten, dass das Werkvertragsrecht den bauspezifischen Besonderheiten des Bauträgervertrags besser gerecht werde und es keinen sachlichen Grund gebe, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Vielmehr liege in der Bauerrichtungsverpflichtung klar eine werkvertragliche Prägung. Mithin sei ausschließlich Werkrecht anzuwenden, da der Bauträger das auf dem Grundstück zu errichtende Bauwerk zu verschaffen habe.
Rz. 493
Sachgerecht erscheint es, weiterhin auf jeweils das Recht zurückzugreifen, in dem die Leistungsstörung liegt – also für die Bauerrichtung auf Werkrecht, für den Grundstückserwerb auf Kaufrecht. Letzteres regelt...