Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1874
Sportvereine und -verbände haben die sich aus der Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 1 GG ergebende Befugnis, für ihre Mitglieder verbindliches Recht zu setzen. Die Vereinigungsfreiheit beinhaltet demnach insbesondere auch das Satzungsrecht, d.h. das Recht zur Schaffung eigener Regelungen durch die Vereine und Verbände. Durch die Satzung wird das innere Leben der Vereinigungen durch Normen geregelt. Allerdings geschieht die Setzung des Rechts als private Normgeber nicht im rechtsfreien Raum. Eine schrankenlose Rechtsetzung ist weder von Art. 9 Abs. 1 GG noch von der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG erlaubt. Ebenso wie staatliches Recht müssen sich die Vereins- und Verbandsnormenwerke an formellen und materiellen Rechtmäßigkeitskriterien messen lassen.
Rz. 1875
Es stellt sich daher die Frage nach der Anwendbarkeit der AGB-Bestimmungen gemäß §§ 305 ff. BGB auf Vereins- und Verbandssatzungen und die von diesen abgeleiteten Nebenordnungen. In der Literatur wird von einzelnen Vertretern geltend gemacht, dass Regelungen in Satzungen oder Nebenordnungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind und demnach unmittelbar und direkt der Inhaltskontrolle unterliegen. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Richtigerweise muss § 310 Abs. 4 BGB, der normiert, dass die Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in §§ 305–310 BGB u.a. keine Anwendung auf Verträge des Gesellschaftsrechts finden, extensiv ausgelegt und daher so verstanden werden, dass die Anwendung auch im Verhältnis der Vereinigung zum Mitglied ausscheidet. Dies liegt darin begründet, dass dieses Verhältnis keine Austauschbeziehung mit grundsätzlich entgegengesetzten Interessen darstellt, sondern eine Organisation gemeinsamer Zweckverfolgung und die Ordnung mitgliedschaftlicher Beziehungen. Es handelt sich also bei den Vereins- und Verbandssatzungen um gesellschaftsrechtlich einzuordnende Verträge. Für diese passen die §§ 305–310 BGB nicht. Dies ist auch die Ansicht des BGH, der im sog. Reiter-Fall eine Anwendung des AGB-Rechts im Hinblick auf sportliche Regelwerke verneint hat.
Rz. 1876
Auch wenn die Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Anwendung finden, so besteht doch Einigkeit in der Rechtsprechung und der herrschenden Literaturmeinung, dass Satzungsbestimmungen einer richterlichen Kontrolle unterworfen sind. Eine Satzung und die von ihr abgeleiteten Nebenordnungen können daher nur wirksam angewendet werden, sofern sie von der Autonomie und Ordnungsgewalt der Vereinigung umfasst sind; mithin innerhalb der allgemein für die Rechtsausübung bestehenden Grenzen. Damit findet zivilrechtlich eine Kontrolle anhand der §§ 134, 138, 242, 826 BGB statt.