Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1
In den AGB des ambulanten Pflegedienstes enthaltene Bestimmungen, der Vertrag könne mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich gekündigt werden, verstoßen gegen § 307 BGB. Dieser Vertrag ist ein Vertrag über Dienste höherer Art und muss jederzeit beendet werden können.
Rz. 2
Zwar sind die in § 621 BGB geregelten Kündigungsfristen, auch die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit des § 621 Nr. 5 BGB dispositiv und können durch eine Vereinbarung der Parteien abbedungen werden. Geschieht dies – wie hier – durch vorformulierte Vertragsbedingungen, die die Klägerin der Pflegebedürftigen gestellt hat, so unterliegen diese jedoch der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB.
Rz. 3
Zu Recht sieht der BGH in der 14-tägigen Kündigungsfrist eine erhebliche Abweichung von der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit nach § 621 Nr. 5 BGB,
Zitat
"… die in Bezug auf das hier in Rede stehende Vertragsverhältnis zu einer Schwerstpflegebedürftigen mit Nachteilen verbunden ist, die ein erhebliches Gewicht haben. Aus der Sicht des Pflegebedürftigen handelt es sich um ein Vertragsverhältnis, das in besonderer Weise – siehe nur die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI aufgeführten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege – die Intimsphäre des Betroffenen berührt und mit einer großen persönlichen Nähe zu der die Pflege gewährenden Person verbunden ist. Auch wenn man berücksichtigt, dass der Pflegebedürftige auf diese Pflegeverrichtungen ständig angewiesen ist, handelt es sich doch in den Bereichen der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität um Dienste, die – ähnlich wie in § 627 Abs. 1 BGB vorausgesetzt – aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Das ist nicht etwa deshalb anders, weil der Pflegebedürftige keinen Einfluss darauf hat, welcher Mitarbeiter des Pflegedienstes ihn zu unterstützen hat. Entscheidend ist insoweit vielmehr, dass der Pflegebedürftige, der sich nach Maßgabe des § 37 SGB XI mit Hilfe von Pflegegeld die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung selbst beschaffen könnte, sich einer zugelassenen Pflegeeinrichtung anvertraut, die ihre pflegerischen Leistungen nach § 71 Abs. 1 SGB XI unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft zu erbringen hat."
Rz. 4
Ob die vertragliche Kündigungsregelung auch von der Norm des § 627 Abs. 1 BGB abweicht, hängt davon ab, ob die übernommenen Verrichtungen als Dienste höherer Art im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind. Der BGH tritt der Auffassung des OLG Stuttgart bei, dass es bei der allgemeinen Pflege, die nicht Krankenpflege ist, "keine ins Gewicht fallenden Unterschiede gibt, die eine andere rechtliche Einordnung rechtfertigen würden. An sich sind Hilfen in der hauswirtschaftlichen Versorgung für sich genommen keine Dienste höherer Art. Für die Beurteilung einer zugelassenen Pflegeeinrichtung ist der Hilfebedarf jedoch als Ganzes zu betrachten." Der Umgang mit pflegebedürftigen Menschen, der neben Fachwissen auch den persönlichen Lebensbereich in einer vertraulichen bis intimen Form betrifft, darf nicht hinter der Betreuung durch einen Inkassobeauftragten, einen Partnerschaftsvermittler oder Angehörige anderer Berufe im Gesundheitsbereich zurückbleiben.
Rz. 5
Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus der Bestimmung des § 120 Abs. 2 S. 2 SGB XI, nach der der Pflegebedürftige den Pflegevertrag innerhalb von zwei Wochen nach dem ersten Pflegeeinsatz ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung einer Frist kündigen kann. Die Bestimmung wurde durch Art. 1 Nr. 23 des Pflege-Qualitätssicherungsgesetzes vom 9.9.2001 (BGBl I S. 2320) in das SGB XI eingefügt.
Rz. 6
Für die Kündigung darf Schriftform oder die Verwendung eines bestimmten Formulars nicht formularmäßig vorgeschrieben werden.