Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Sachlicher Anwendungsbereich
Rz. 2116
Das UN-Kaufrecht ist gemäß Art. 1 Abs. 1 CISG auf Kaufverträge über bewegliche Sachen anwendbar. Eine Ausnahme besteht bei Sachen, die für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind, wobei es auf die Kenntnis des Verkäufers ankommt (Art. 2 lit. a CISG). Auf die Bezeichnung des Vertrages kommt es hingegen nicht an, sodass z.B. auch die Rückkaufsvereinbarung aus einem Leasingvertrag kaufvertragstypisch sein kann und dann dem UN-Kaufrecht unterliegt. Nach Art. 3 Abs. 1 CISG stehen Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Ware den Kaufverträgen gleich, es sei denn, der Besteller hat einen wesentlichen Teil der für die Herstellung oder Erzeugung notwendigen Stoffe selbst zur Verfügung zu stellen. Verträge, bei denen der überwiegende Teil der Pflichten der Partei, welche die Ware liefert, in der Ausführung von Arbeiten oder anderen Dienstleistungen besteht, sind ebenfalls nicht vom UN-Kaufrecht erfasst, Art. 3 Abs. 2 CISG. Ob und inwieweit sich bei Eröffnung des Anwendungsbereichs des UN-Kaufrechts dieser auf die in einem Vertrag enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung erstreckt, wird uneinheitlich beurteilt. Nach überwiegender Ansicht ist das CISG unter Berücksichtigung prozessualer Sondervorschriften des Forumstaates, z.B. Art. 25 EuGVVO, anwendbar.
II. Räumlicher/persönlicher Anwendungsbereich
Rz. 2117
Die Vertragsparteien müssen ihre Niederlassung (vgl. zum Begriff auch Art. 10 CISG) in verschiedenen Staaten haben, wobei es sich entweder um Vertragsstaaten des Übereinkommens handeln muss (Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG) oder die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates (Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG) führen müssen. Letzteres gilt nicht, wenn der Staat, dessen Recht gelten soll, von der in Art. 95 CISG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Anwendungsvoraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG für unverbindlich zu erklären. Dies betrifft nur wenige Staaten, u.a. aber die USA und China. In diesem Fall ist,soweit auch Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG nicht greift, nicht das UN-Kaufrecht, sondern das nationale Kaufrecht dieses Staates anzuwenden.
Rz. 2118
Soweit keine (oder keine wirksame) Rechtswahl getroffen wird, unterfallen alle Exportgeschäfte eines deutschen Unternehmers über Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. a Rom I-Verordnung dem UN-Kaufrecht.
III. Ausschluss des CISG
Rz. 2119
Soweit die vorgenannten Anwendungsvoraussetzungen erfüllt sind, gilt das UN-Kaufrecht automatisch. Es ist von Amts wegen anzuwenden.
Rz. 2120
Allerdings spielt auch im UN-Kaufrecht der Grundsatz der Vertragsfreiheit eine maßgebliche Rolle. Aus diesem Grund sind nach Art. 6 CISG sowohl die Abbedingung einzelner Bestimmungen als auch der vollständige Ausschluss (ausdrücklich oder stillschweigend) möglich, was dann zur Anwendung des, nach dem internationalen Privatrecht berufenen, nationalen Rechts führt. Ein Ausschluss muss nicht zwingend bein Zustandekommen des Vertrages, sondern kann auch nachträglich erfolgen, selbst noch im Rechtsstreit. Jedoch reicht für einen stillschweigenden Ausschluss weder die Vereinbarung einer einfachen Rechtswahlklausel aus noch, dass sich die Parteien in einem Rechtsstreit (infolge Verkennung der Rechtslage) nicht auf die Anwendung des CISG berufen. Der Ausschluss des CISG kann durch eine entsprechend gestaltete, vorformulierte Rechtswahlklausel erfolgen, wenn diese wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist. Dies setzt unter anderem voraus, dass keine kollidierenden AGB zu beachten sind bzw. der Vertragspartner in seinen AGB keine (qualifizierte) Abwehrklausel verwendet. Wechselseitige AGB, die beide das UN-Kaufrecht ausschließen, aber unterschiedliche nationale Rechte für maßgeblich erklären, führen in ...