Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 854
Die Zulässigkeit des einfachen Eigentumsvorbehalts in AGB des Verkäufers ist allgemein anerkannt. Dieser ist ein angemessener Ausgleich für die aus dem Zahlungsaufschub resultierende Vorleistungspflicht des Verkäufers und das hierdurch entstehende Risiko.
Rz. 855
Umgekehrt kommt es im unternehmerischen Geschäftsverkehr vor, dass der Käufer in seinen Einkaufsbedingungen den Eigentumsvorbehalt des Lieferanten ausschließt. Der Ausschluss kann explizit ("ein Eigentumsvorbehalt des Lieferanten wird nicht anerkannt" oder "der Besteller wird mit Übergabe der Ware Eigentümer"), aber auch durch eine allgemeine Abwehrklausel erfolgen. In beiden Fällen fehlt es an einer wirksamen schuldrechtlichen Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts. Verwendet der Lieferant dagegen AGB mit einer Eigentumsvorbehaltsklausel und der Käufer eine Abwehrklausel oder einen expliziten Ausschluss des Eigentumsvorbehalts, so kommen die Grundsätze der widersprechenden AGB (siehe § 305 BGB Rdn 99) zur Anwendung, sodass dispositives Gesetzesrecht und damit die Pflicht zur unbedingten Übereignung gilt. Trotzdem kann der einfache Eigentumsvorbehalt nach den oben unter Rdn 847 dargestellten Grundsätzen wirksam sein.
Rz. 856
Der Vorbehaltskäufer unterliegt von Gesetzes wegen (§§ 241 Abs. 2, 242 BGB) der Pflicht zum pfleglichen Umgang mit der Kaufsache, sodass Klauseln, welche diese Pflichten konkretisieren, regelmäßig unbedenklich sind. Auch klauselmäßige Verpflichtungen zur Instandhaltung und Versicherung oder Mitteilungspflichten bei Zugriff Dritter mittels Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind regelmäßig wirksam, solange sie zumutbar sind und Treu und Glauben entsprechen. Unwirksam sind Klauseln, die dem Käufer den Gebrauch der Ware untersagen, da sie dem Vertragszweck widersprechen und den Käufer unangemessen benachteiligen.
Rz. 857
Häufig sehen Eigentumsvorbehaltsklauseln ein Rücknahmerecht des Verkäufers bei einfachen Vertragsverstößen (z.B. Zahlungsverzug) vor. In mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträgen ist eine solche Klausel wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam. Nichts anderes dürfte aber auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr gelten, da § 449 Abs. 2 BGB vorsieht, dass für die Geltendmachung des Eigentumsvorbehalts ein Rücktritt vom Vertrag notwendig ist. Eine Abweichung hiervon dürfte schon deshalb unangemessen sein, weil Sinn und Zweck des Eigentumsvorbehalts die Absicherung der Vorleistungspflicht des Verkäufers und damit ein Warenkredit für den Käufer ist. Ein Rücknahmerecht bei gleichzeitigem Festhalten am Vertrag würde aber zum Gegenteil, nämlich einer Vorleistungspflicht des Käufers führen. Wirksam sind Klauseln, welche die Regelung des § 449 Abs. 2 BGB wiedergeben und eine Rücknahme der Ware nach Rücktritt zulassen. Ebenfalls wirksam sind Klauseln, nach denen die Rücknahme der Ware einen Rücktritt darstellt, wobei dann auch die Voraussetzungen des § 323 BGB vorliegen müssen.
Rz. 858
Im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist ein erweiterter Eigentumsvorbehalt üblich und rechtlich unbedenklich, wenn mit Ausgleich des zugunsten des Verkäufers bestehenden Saldos der Eigentumsvorbehalt erlischt. Unwirksam ist eine Klausel, die den Eigentumsvorbehalt auch auf alle zukünftigen Forderungen des Verkäufers ausweitet, was zu einem "Wiederaufleben" des Eigentumsvorbehalts nach vorzeitigem Ausgleich der offenen Forderungen führen würde. Im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern dürfte diese Form des Eigentumsvorbehalts unwirksam sein; in der Praxis dürfte eine solche Klausel mangels dauerhafter Geschäftsbeziehung nur selten sinnvoll sein.
Rz. 859
Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt ist ebenfalls im unternehmerischen Geschäftsverkehr üblich und bildet einen angemessenen Ausgleich zwischen den Sicherungsinteressen des Verkäufers und dem Interesse des Käufers an einer gewinnbringenden Verwendung der Ware. An der grundsätzlichen Wirksamkeit bestehen daher keine Zweifel. Der Käufer ist ermächtigt, die Waren zumindest im ordnungsgemäßen Geschäftsverkehr weiter zu veräußern, außerdem darf er die Kaufpreisforderung gegen seine eigenen Käufer einziehen. Gestattet die Klausel den jederzeitigen Widerruf der Einziehungsermächtigung durch den Verkäufer, ist sie unwirksam, da der Widerruf nur bei Vertragsverletzung durch den Käufer erfolgen darf.
Rz. 860
Die Vereinbarung des verlängerten Eigentumsvorbehalts in AGB setzt eine wirksame schuldrechtliche Vereinbarung voraus. Die Unterform der Verarbeitungsklausel ist im unternehmerischen Geschäftsverkehr üblich und wirksam.
Rz. 861
Zumindest dann, wenn der weitergeleitete Eigentumsvorbehalt mit dem erweiterten Eigentumsvorbehalt kombiniert wird oder sich aus den vertraglichen Absprachen zwischen Verkäufer und Käufer ergibt, dass der Käufer zur Weiterveräußerung der Ware berechtigt ist, ist der weitergeleitete Eigentumsvorbehalt unwirksam. Denn da der Letztkäufer selbst den Eigentumsübergang gar nicht beeinflussen kann, sondern...