Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Tankstellenbetreiber als Handelsvertreter im Nebenberuf
Rz. 1946
Der BGH hat in einem Tankstellenstationärvertrag, der neben dem Betrieb der Tankstelle den Betrieb eines Shops im Eigengeschäft vorsah, eine Klausel, die den Betrieb der Tankstelle als Handelsvertretertätigkeit im Nebenberuf qualifizierte, als nach § 307 BGB unwirksam erachtet. Die Regelung diente im Ergebnis dazu, einen Ausgleichsanspruch des Tankstellenbetreibers für das Mineralölgeschäft auszuschließen. Begründet hat der BGH die Unwirksamkeit unter anderem damit, dass das Vertriebskonzept des Mineralölunternehmens, das eben einen Mineralölvertrieb als Handelsvertreter in Kombination mit einem Shop-Geschäft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vorsah, von der Verkehrsanschauung als Einheit betrachtet wird und daher nicht aufgespalten werden könne. Vielmehr sei – so der BGH – für die Beurteilung, ob es sich um ein Nebengeschäft i.S.d. § 92b HGB handele auf das Tankgeschäft mit dem Shop-Geschäft als Einheit abzustellen. Offen bleibt, wie dies zu behandeln ist, wenn zwei Verträge mit zwei separaten Gesellschaften auf Seiten des Mineralölkonzerns abgeschlossen werden.
II. Angebotsbindungsfrist für Abschluss des Tankstellenstationärvertrags
Rz. 1947
Da der Abschluss eines Tankstellenstationärvertrags zumeist mit der Einräumung eines Kredits durch das Mineralölunternehmen verbunden ist (vgl. Rdn 1961), ist der Abschluss des Tankstellenstationärvertrags dem Abschluss eines Kreditvertrags vergleichbar. Daher ist eine einmonatige Bindung des Tankstellenbetreibers an sein Angebot auf Abschluss des Tankstellenstationärvertrags nicht unangemessen, da das Mineralölunternehmen Zeit zur Bonitätsprüfung benötigt.
III. Provision
Rz. 1948
Anders als sonst bei Handelsvertreterverträgen üblich, erhält der Tankstellenbetreiber oftmals eine ausschließlich von der abgesetzten Menge und nicht vom erzielten Umsatz abhängige Vergütung. Da § 87b HGB grundsätzlich dispositiv ist, bestehen auch gegen eine AGB-rechtliche Vereinbarung keine Bedenken, zumal der Tankstellenbetreiber hierdurch gerade von den Risiken schwankender Preise entlastet wird.
IV. Betreiberpflicht
Rz. 1949
Wesentlich für das Mineralölunternehmen ist, dass der Tankstellenbetreiber die Tankstelle zu marktadäquaten Zeiten offen hält, diese in einem sauberen und funktionsfähigen Zustand hält und durch frühzeitige Disposition und Lagerhaltung einen reibungslosen Ablauf gewährleistet. All diese Pflichten, die oftmals ausführlich in den Tankstellenstationärverträgen ausgeführt sind, sind Ausfluss der umfassenden Interessenwahrungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB, sodass keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine solche Regelung bestehen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sofern der Tankstellenpächter nicht mehr im Wesentlichen frei ist, seine Tätigkeit zu gestalten und seine Arbeitszeit zu bestimmen, das Merkmal der Selbstständigkeit entfallen könnte.
V. Wettbewerbsverbot
Rz. 1950
Regelmäßig enthalten Tankstellenstationärverträge Wettbewerbsverbote, die es dem Tankstellenbetreiber untersagen, Wettbewerbsprodukte zu denen des Mineralölunternehmens zu vertreiben und/oder in einem bestimmten Umkreis eine Tankstelle für ein anderes Mineralölunternehmen zu betreiben. Grundsätzlich unterliegt der Handelsvertreter als Ausfluss der Treuepflicht des § 86 Abs. 1 HGB während der Laufzeit des Vertrags einem Wettbewerbsverbot. Insoweit bestehen gegen eine solche Klausel, die das § 86 Abs. 1 HGB zu entnehmende Wettbewerbsverbot nicht übermäßig ausweitet, keine durchgreifenden Bedenken.
Rz. 1951
Unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten ist allerdings zu berücksichtigen, dass Wettbewerbsverbote nur insoweit zulässig sind, als der Tankstellenbetreiber ein echter Handelsvertreter ist und somit als wirtschaftliche Einheit mit dem Mineralölunternehmer betrachtet werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Tankstellenbetreiber keine wesentlichen finanziellen und kommerziellen Risiken zu tragen hat. Entsprechend ist bei der Gestaltung der Wettbewerbsverbote zu berücksichtigen, dass der Tankstellenbetreiber bezüglich der Verträge, die er im Namen des Mineralölunternehmers abschließt, bezüglich marktspezifischer Investitionen für diesen Tätigkeitsbereich und bezüglich anderer Tätigkeiten, die das Mineralölunternehmen für denselben ...