Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Anrechnungsvorbehalte
Rz. 25
Anrechnungsvorbehalte sollen dem Arbeitgeber ermöglichen, übertarifliche Leistungen mit späteren Tariferhöhungen zu verrechnen. Mit der Zahlung einer übertariflichen Vergütung müssen dann tarifliche Lohnerhöhungen solange nicht umgesetzt werden, wie die gezahlte Vergütung tatsächlich den Tariflohn übersteigt.
Rz. 26
Der Arbeitgeber kann nach ständiger Rechtsprechung des BAG eine übertarifliche Zulage mangels anderweitiger Abrede bei Tariflohnerhöhungen – auch rückwirkend – verrechnen. Dies gilt entsprechend für tarifliche Einmalzahlungen, die zusätzlich zu oder anstelle von Tariflohnerhöhungen gewährt werden. Allein in der tatsächlichen Zahlung einer übertariflichen Zulage liegt nach Auffassung des BAG keine Zusage, die Zulage auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbstständigen Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn weiter zu zahlen. Das gilt auch, wenn die Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit der Tariflohnerhöhung verrechnet worden ist. Erhöht sich die tarifliche Vergütung, entspreche die Zulässigkeit der Anrechnung regelmäßig dem Parteiwillen, weil sich die Gesamtvergütung nicht verringert.
Rz. 27
Dies gilt freilich nur, solange nicht die Gewährung einer Zulage zusätzlich zum jeweiligen Tariflohn vereinbart ist. Zur Klarstellung empfiehlt sich deshalb, Zulagen nur verbunden mit einem ausdrücklichen Anrechnungsvorbehalt zu gewähren. Dem BAG genügt allerdings, wenn die Zulage als "übertariflich" bezeichnet wird.
II. Arbeitnehmerhaftung
Rz. 28
Die Arbeitnehmerhaftung ist durch das richterrechtlich entwickelte Konzept der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers bestimmt. Danach haftet der Arbeitnehmer eingeschränkt nach dem Grad seines Verschuldens, wobei die Rechtsprechung drei Verschuldensgrade voneinander abgrenzt: Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich vollumfänglich. Bei mittlerer Fahrlässigkeit tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Schaden anteilig nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Dabei wird die Haftung des Arbeitnehmers regelmäßig betragsmäßig begrenzt. Bei leichter Fahrlässigkeit ist eine Haftung des Arbeitnehmers generell ausgeschlossen.
1. Abweichung von den Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung
Rz. 29
Die aus einer entsprechenden Anwendung von § 254 BGB folgenden Regeln über die Haftung im Arbeitsverhältnis sind einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht, von dem nicht zulasten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Entsprechende Vertragsklauseln sind deshalb unwirksam. Dies galt bereits vor der Schuldrechtsreform. Gleiches gilt für Klauseln, die die Beweislast abweichend von § 619a BGB auf den Arbeitnehmer verlagern.
2. Schadensersatzpauschalierungen
Rz. 30
Ist der Arbeitnehmer dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, kann für bestimmte Fälle im Vorhinein eine Schadensersatzpauschale vereinbart werden, um dem Arbeitgeber den Nachweis des konkreten Schadens zu erleichtern. Allerdings muss dem Arbeitnehmer in der Klausel ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt werden, den Nachweis eines geringeren Schadens zu führen. Zudem darf die vereinbarte Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen, § 309 Nr. 5 BGB. Eine wirksame Schadensersatzpauschalierung kann dabei wohl nur für eine grob fahrlässige oder vorsätzliche Verursachung gelingen. Denn während die Ersatzpflicht bei leichter Fahrlässigkeit schlechterdings nicht vereinbart werden darf, wird es für die Vereinbarung einer Haftung bei mittlerer Fahrlässigkeit an der praktisch kaum vorwegzunehmenden Abwägung der Gesamtumstände mangeln, die aber für den Haftungsumfang nach den Grundsätzen der BAG-Rechtsprechung zwingend erforderlich ist. Es wird deshalb schwerfallen, den "nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden" vorherzusagen, was aber Voraussetzung einer wirksam formulierten Klausel wäre.