Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Verträge mit Vertragsabschluss bis 17.12.2009
Rz. 1761
Es gelten die damaligen Art. 27 ff. EGBGB a.F. Diese sehen das Prinzip freier Rechtswahl vor. Das bedeutet jedoch nicht, dass die grundsätzlich freie Wahl uneingeschränkt im Wege von AGB erfolgen kann. Für die Frage, ob die AGB insgesamt wirksam in den Vertrag miteinbezogen wurden, bleibt es bei der Beurteilung nach den §§ 305 ff. BGB, insb. auch bei der Wertung gemäß § 305c BGB. Die Beurteilung des Zustandekommens und der Wirksamkeit der Rechtswahlklausel selbst erfolgt nach dem in der Klausel bestimmten Recht, Art. 27 Abs. 4, 31 Abs. 1 EGBGB a.F. Eine Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB erfolgt nur, soweit auf deutsches Recht verwiesen wird. Anderenfalls erfolgt die Prüfung nach dem jeweiligen ausländischen Recht. Die Rechtswahl der Parteien führt dazu, dass dem Kläger der durch zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts gewährte Schutz entzogen wird.
Rz. 1762
Besonderheiten gelten für Verbraucherverträge, Art. 29 Abs. 1 EGBGB a.F. Die Rechtswahl darf nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der rechtliche Schutz entzogen wird, der ihm durch zwingende gesetzliche Regelungen des Staates, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zustehen würde. Die Prüfung beinhaltet folglich einen Günstigkeitsvergleich. Soweit sich eine Benachteiligung ergeben würde, finden unter den in Art. 29 EGBGB a.F. genannten Voraussetzungen die gesetzlichen Regelungen des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers Anwendung. Zu diesen gesetzlichen Regelungen gehören alle durch Parteivereinbarung nicht abdingbaren Vorschriften, die geeignet und dazu bestimmt sind, einem Verbraucher Schutz gegenüber dem anderen Vertragspartner zu gewähren. Ist der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland, so finden – soweit der Günstigkeitsvergleich eine Benachteiligung des Verbrauchers ergibt – die §§ 305 ff. BGB zur Inhaltskontrolle Anwendung, auch bei wirksamer Vereinbarung ausländischen Rechts.
Art. 46b EGBGB steht dem nicht entgegen. Bei der Überprüfung einzelner Klauseln, welche für sich genommen keinen Verbrauchervertrag darstellen, wie beispielsweise auch eine Rechtswahlklausel, erfolgt dennoch eine Überprüfung analog Art. 29 Abs. 1 EGBGB a.F., wenn ansonsten mit dem Verbraucherschutz nicht zu vereinbarende Regelungen zur Anwendung kommen würden.
Rz. 1763
Für reine Inlandsverträge gilt Art. 27 Abs. 3 EGBGB a.F. Es ist das inländische zwingende Recht anwendbar, wenn die Vertragspartner der inländischen Rechtsordnung angehören. Bei deutschen Inlandsverträgen sind somit die §§ 305 ff. BGB anzuwenden. Dies ist bei der Zuständigkeit eines staatlichen Gerichts innerhalb der EU unstreitig; streitig ob umfassende Abwahl des deutschen Rechts inklusive AGB-Inhaltskontrolle bei Vereinbarung einer Schiedsklausel möglich ist.
II. Verträge mit Vertragsabschluss nach dem 17.12.2009
Rz. 1764
ROM I setzt gemäß Art. 3 ROM I den Grundsatz der freien Rechtswahl fort. Dies gilt grundsätzlich – jedoch mit Einschränkungen – auch bei Verbraucherverträgen, Art 6 ROM I.
Rz. 1765
Eine Rechtswahl kann ausdrücklich oder stillschweigend durch konkludentes Verhalten erfolgen, Art 3 Abs. 1 ROM I. Auch die Rechtswahl in AGB ist möglich, grundsätzlich auch konkludent (durch AGB). Eine konkludente Rechtswahl durch AGB kann sich insbesondere aus Inhalt und Sprache der AGB ergeben, soweit die Formulierungen erkennbar auf eine bestimmte nationale Rechtsordnung ausgerichtet sind. Häufig finden sich zudem Ansatzpunkte für eine konkludente Rechtswahl in Gerichtsstands- oder Schiedsklauseln. Bei der ausdrücklichen Rechtswahl in AGB stellt sich zunächst die Frage der wirksamen Einbeziehung, die gemäß Art. 10 Abs. 1 ROM I nach demjenigen Recht geprüft wird, das bei wirksamer Rechtswahl Vertragsstatut wäre. Der Inhalt der AGB wird in der Regel inhaltlich vom Willen des Verwenders dominiert; folglich wird in der Regel das Recht des Verwenders der AGB gewählt sein. Die Prüfung der wirksamen Einbeziehung der Rechtswahl nach dem gewählten Recht greift der materiellen Rechtswahl gewissermaßen vor. Denn deren Einbeziehung wird ja zunächst nach genau diesem Recht geprüft. Dieser "Vorgriff" ist jedoch durch die Regelung in Art. 10 I ROM I vom europ...