Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 905
Die Behandlung AGB-relevanter Franchisevertrags-Klauseln im Schrifttum orientiert sich häufig an der typischen Abfolge möglicherweise problematischer Klauseln in den Verträgen. Für die Betrachtung typischer Problemfelder sei hier – der Übersichtlichkeit halber – eine Kategorisierung der Klauseln in folgende Gruppen vorgeschlagen: Regelungen, die das Subordinationsverhältnis von Franchisegeber und Franchisenehmer betreffen und näher ausgestalten, Wettbewerbs- und Exklusivitätsklauseln, Laufzeit- und Kündigungsbestimmungen, Haftungs- und Gewährleistungsbestimmungen sowie sonstige AGB-typische Klauseln, welche die Grundzüge des Vertrags regeln.
I. Auslegungsgrundsätze
Rz. 906
Vor der Betrachtung der einzelnen Kategorien seien zunächst allgemeine Auslegungsgrundsätze aufgezeigt, die bei der AGB-Kontrolle von Franchiseverträgen zu berücksichtigen sind. Als wesenhaft für das Vertragsverhältnis ist die Eingliederung des Franchisenehmers in das Vertriebssystem des Franchisegebers und die Sicherung der Identität und Integrität des Franchisesystems zu berücksichtigen; soweit subordinative Bindungen diesem Zwecken dienen, sind sie oftmals auch zulässig. Stets zu beachten ist aber zugleich seit der Apollo-Optik-Entscheidung des BGH der aus § 305c Abs. 2 BGB folgende Grundsatz der kundenfreundlichsten Auslegung: Wenn zwei Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, dann ist zwingend die kundenfreundlichste – also diejenige, die den Franchisenehmer am wenigsten in seinen Freiheiten beeinträchtigt – zu wählen. Die Prüfung hat dann aus der Sicht eines verständigen und redlichen Franchisenehmers zu erfolgen.
II. Regelungen, die das Subordinationsverhältnis von Franchisegeber und Franchisenehmer ausgestalten
Rz. 907
Franchisetypisch sind vertragliche Bestimmungen, die das ausgeprägte Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer näher ausgestalten, nämlich Richtlinienbindungen, Bezugsbindungen und Kontrollrechte. AGB-rechtlich miteinander zu vereinbaren sind in solchen Klauseln immer die Interessen des Franchisegebers an Qualitätssicherung und Systemintegration mit dem Interesse des Franchisenehmers an seiner freien wirtschaftlichen Betätigung.
1. Richtlinienbindungen und Einbeziehung der Franchisehandbücher
Rz. 908
Richtlinien werden grundsätzlich wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn sie in Handbüchern oder sonstigen Beschreibungen niedergelegt sind und in der Vertragsurkunde Bezug auf sie genommen wird.
Rz. 909
Inhaltlich sind Richtlinien im Grundsatz insoweit nicht zu beanstanden, als sie für gleichbleibende Qualität und einheitliches Auftreten am Markt erforderlich sind. Verhaltensrichtlinien sind oft kontrollfreie Leistungsbeschreibungen, d.h. sie unterliegen keiner Inhaltskontrolle. Dies gilt z.B. für Gebietszuweisungen, Anleitungen zur Ausgestaltung des Verkaufslokals, der Warenlager und Transportmittel, Beschreibungen zum Einsatz von Werbemitteln und der Art und Weise der Fertigung oder der Erbringung der Dienstleistungen und eine Beschreibung der Zusammensetzung. Für die Angemessenheit solcher Richtlinien spricht zumeist, dass diese ebenfalls dem vom Franchisenehmer verfolgten Zweck dienen. Wenn Richtlinien allerdings einseitig die Interessen des Franchisegebers bevorzugen, können sie gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoßen.
Rz. 910
Einseitig vom Franchisegeber verordnete Richtlinienänderungen unterliegen der strikten Kontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB. Der Franchisegeber muss erhebliche, anerkennenswerte Gründe für eine Änderung haben und die Interessen und Belange des Franchisenehmers müssen ausreichend berücksichtigt werden.
2. Warenbezugsverpflichtungen, Bezugsbindungen und Preisbindungen
Rz. 911
Warenbezugsverpflichtungen sind grundsätzlich zulässig, wenn sie der Qualitätssicherung dienen. Die Vereinbarung einer Mindestqualität für Produkte und Dienstleistungen hält daher einer Kontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB grundsätzlich stand.
Problematischer könnten jedoch Bezugsbindungen sein. Vor dem Hintergrund des § 307 Abs. 1 BGB ist entscheidend, ob eine Bezugsbindung zur Wahrung der Interessen des Franchisegebers erforderlich ist. So vereinbaren die Parteien oft, dass der Franchisenehmer die abzusetzenden Produkte über den Franchisegeber oder die im System gelisteten Lieferanten beziehen muss. Diese Regelung ist zulässig, solange sie den Schutz des Know-hows des Franchisegebers und die Sicherung einer einheitlichen Qualität bezweckt. Die stets zulässige Alternative zu Bezugsbindungen sind Kontroll- und Überwachungssysteme, die der Üb...