Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 695
Auf den Verkehr zwischen Unternehmern kann die auf den Schutz des Verbrauchers zugeschnittene Vorschrift des § 309 Nr. 6 BGB nicht übertragen werden. Ob dies auch dann anzunehmen ist, wenn der Vertragspartner durch den Abschluss eines Formularvertrags erstmals Unternehmer wird (Existenzgründer), kann im Hinblick auf einen zweiten Vertrag dahinstehen, wenn dieser erst abgeschlossen wurde, als die Beklagten bereits seit rund zwei Jahren Gastwirte und Betreiber des Objektes waren. Bei Verträgen mit Verbrauchern (§ 13 BGB), insbesondere mit Hauseigentümern, müssen Vertragsstrafen individuell vereinbart werden. § 309 Nr. 6 BGB ist jedenfalls materiell dann nicht anwendbar, wenn der auslösende Grund allein in der Tatsache des vertragswidrigen Bezugs fremder Getränke, nicht aber in der Nichtabnahme der vertraglichen Menge liegt.
Rz. 696
Eine Vertragsstrafenklausel darf auch insofern nicht verschuldensunabhängig gestaltet sein (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. §§ 339 S. 1, 286 Abs. 4 BGB).
Rz. 697
Die Vertragsstrafe muss nach Voraussetzungen und Inhalt dem Bestimmtheitsgebot entsprechen. Verstöße, die die Vertragsstrafe auslösen, müssen für den Betroffenen konkret aus den AGB erkennbar sein. Eine Klausel, die pauschal bestimmt, dass bei Nichteinhaltung des Vertrags eine Vertragsstrafe fällig ist, ist daher wegen Unbestimmtheit nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam.
Rz. 698
Eine Vertragsstrafenklausel ist im Hinblick auf § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dann nicht zu beanstanden, wenn sie den Getränkelieferanten für den Fall schützen soll, dass sich der Gastwirt durch vorzeitige Rückzahlung des von dem Getränkelieferanten gewährten Darlehens aus der Bezugsverpflichtung zu lösen versucht. Ein Bedürfnis für die Kumulation von Schadensersatz- und Vertragsstrafenansprüchen besteht allerdings im Geschäftsverkehr der Unternehmer bei Dauerschuldverhältnissen, insbesondere auch Getränkelieferungsverträgen. Hier will der Verwender sich mit der Kumulation gegen den Bezug fremder Getränke (Fremdbezug) sichern. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sicherungszweck für die Zukunft nicht entfallen ist.
Rz. 699
Eine Klausel, die bei einem (schuldhaften) Verstoß gegen eine zulässige Bezugs- und Ausschließlichkeitsbindung eine Vertragsstrafe vorsieht, ist grundsätzlich ebenfalls nicht nach § 307 BGB zu beanstanden. Ausschließlichkeitsbindungen sichern nämlich nicht nur die Abnahme der Leistung, sondern eine Wettbewerbsstellung. Dies gilt jedenfalls für den Fall der Sicherung einer Ausschließlichkeitsvereinbarung (Fremdbezug). Entscheidend ist hierbei, dass der Getränkelieferant in der Klausel eine Abstufung der Vertragsstrafe nach der jeweiligen Schwere der Vertragsverletzung vornimmt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit begegnet sie jedenfalls dann keinen Bedenken, wenn die Vertragsstrafe den Gewinn bei vertragsgemäßen Verhalten nicht übersteigt.
Rz. 700
Folgende absolute Vertragsstrafenpauschalen sind als zulässig betrachtet worden: "60 DM/hl", "50 DM/hl", "17,00 EUR (35,00 DM)/hl".
Rz. 701
Eine auf 30 % des von der Brauerei festgesetzten Verkaufspreises (Brauereiabgabepreises) abzielende Vertragsstrafe ist angesichts der in dieser Branche üblichen – relativ hohen – Gewinnspannen nicht nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu beanstanden. In anderen Entscheidungen hat der BGH eine Konventionalstrafe in Höhe von 25 % des für den Getränkebezug zu zahlenden Tagespreises unbeanstandet gelassen.