Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1112
§ 87a Abs. 1 S. 1 HGB, wonach dem Handelsvertreter die Provision zusteht, wenn und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat, ist gemäß § 87a Abs. 1 S. 2 HGB dispositiv. Daher kann individualvertraglich vereinbart werden, dass der Provisionsanspruch des Handelsvertreters erst endgültig verdient ist, wenn der Dritte das Geschäft ausgeführt, insbesondere also den Kaufpreis bezahlt hat. Dies hat aber, egal ob individualvertraglich oder in AGB vereinbart, zur Folge, dass der Handelsvertreter mit Ausführung des Geschäfts durch den Prinzipal gemäß § 87a Abs. 1 S. 2 HGB Anspruch auf einen Vorschuss hat.
Rz. 1113
Trotz einer solchen Abrede steht allerdings dem Handelsvertreter die Provision zu, wenn der Dritte deshalb nicht leistet (zahlt), weil der Prinzipal seine Vertragspflichten nicht erfüllt hat, z.B. im Falle einer mangelhaften Lieferung oder sonstiger in seine Risikosphäre fallender Umstände. Diese Bestimmung ist zum Schutz des Handelsvertreters zwingend und kann weder individualvertraglich noch AGB-mäßig abbedungen werden (§ 87a Abs. 2 Hs. 1, Abs. 3 HGB).
Rz. 1114
Auch eine AGB-mäßige Vereinbarung, durch die die das unbedingte Entstehenung des Provisionsanspruchs an die Ausführung des Geschäfts durch den Dritten geknüpft wird, erscheint grundsätzlich unbedenklich. Der Handelsvertreter wird durch den unabdingbaren Anspruch auf einen angemessenen Provisionsvorschuss bei Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer (§ 87a Abs. 2 S. 2 HGB) ausreichend geschützt. Die Regelung muss aber hinreichend eng sein: Wenn sie die Auslegung erlaubt, dass der Provisionsanspruch des Handelsvertreters auch dann entfallen soll, wenn dies nach § 87a Abs. 3 HGB gerade nicht der Fall ist, verstößt sie gegen zwingendes Recht und ist deshalb insgesamt unwirksam (siehe hierzu Rdn 1118).
Rz. 1115
In einem Untervertreterverhältnis können die Parteien zwar individualvertraglich vereinbaren, dass der Untervertreter Provision für ein Geschäft nur dann erhält, wenn der Hauptvertreter seinerseits die Provision von seinem Auftraggeber erhalten hat, § 87a Abs. 1 S. 1 HGB. Der Anspruch des Untervertreters auf Provision entsteht aber auch bei einer solchen Abrede, wenn der Dritte die Ausführung des Geschäftes (Zahlung) aus Gründen verweigert, die in der Risikosphäre des Lieferanten liegen. Eine entsprechende Regelung können Haupt- und Untervertreter auch AGB-mäßig treffen. Die Klausel darf aber nicht auch den Fall erfassen, dass der Auftraggeber (Lieferant) dem Hauptvertreter keine Provision zahlt, obwohl er dem Hauptvertreter gegenüber zur Zahlung verpflichtet ist, ohne selbst eine Leistung des Dritten (Kunden) erhalten zu haben. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der vom Untervertreter geworbene Kunde gegenüber dem Auftraggeber (Lieferant) zur Verweigerung seiner Leistung berechtigt ist, weil der Auftraggeber (Lieferant) seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Kunden nicht erfüllt hat. Der Hauptvertreter hat in einem solchen Fall gleichwohl Anspruch auf Provision gegen den Auftraggeber (Lieferanten) gemäß § 87a Abs. 3 HGB und der Untervertreter hat einen Provisionsanspruch gegen den Hauptvertreter. Der Handelsvertreter trägt das Risiko mit, dass der Kunde seine Vertragspflichten gegenüber dem Prinzipal oder – im Falle einer Untervertretung – gegenüber dem Auftraggeber (Lieferant) erfüllt, nicht aber dafür, dass der Auftraggeber/Lieferant seinen Verpflichtungen nachkommt.