Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Grundsätzliches
Rz. 2335
Die Privilegierung von VOB/B kommt nur in Verträgen mit Verbrauchern zum Tragen oder in dem Fall, dass sie im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht vollständig, d.h. unverändert, vereinbart wurde. Die Vereinbarung der VOB/B in einem Bauvertrag wird allerdings selten ohne jegliche Veränderung erfolgen. Insoweit unterliegt auch die Mehrzahl der auf Unternehmerseite abgeschlossenen Verträge hinsichtlich der Einzelbestimmungen einer Inhaltskontrolle. Entscheidend ist jedoch auch hierbei, welche Vertragspartei Verwender der VOB/B ist. Die Privilegierung der VOB/B tritt – wie erwähnt – nur ein, wenn etwaige nachteilige Regelungen von der benachteiligten Partei selbst in den Vertrag eingeführt wurden.
II. Art und Umfang der Leistung (§ 1 VOB/B)
1. § 1 Abs. 3 VOB/B
Rz. 2336
Der Auftraggeber hat gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B das Recht, einseitig den Bauentwurf zu ändern oder zu erweitern. Darin ist ein vertraglich vereinbartes Leistungsbestimmungsrecht zu sehen.
Rz. 2337
Anders als es die allgemeine vertragsrechtlichen Grundsätze vorsehen, kann der Auftraggeber hier einseitig durch empfangsbedürftige Willenserklärung den Leistungsinhalt des Vertrags ändern. Im Ergebnis wird § 1 Abs. 3 VOB/B auch bei einer isolierten Inhaltskontrolle als wirksam anzusehen sein. Die teilweise gegen die Wirksamkeit angeführte, fehlende Zumutbarkeitseinschränkung ist im Wortlaut des § 1 Abs. 3 VOB/B gerade nicht enthalten. Eine Grenze für die Anordnungsmöglichkeit des Auftraggebers wird an der Stelle sein, an der die Anordnung für die Auftragnehmer unzumutbar wird. Allerdings kann eine Änderung der Leistung gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B nur dann vorliegen, wenn die Art und der Umfang der vertraglich vereinbarten Leistung nicht grundlegend geändert werden, sodass eine andere Leistung als die vertraglich vereinbarte vorliegt.
2. § 1 Abs. 4 S. 1 VOB/B
Rz. 2338
Diese Regelung sieht vor, dass es zu den vertraglich vereinbarten Pflichten des Auftragnehmers gehört, nicht vereinbarte Leistungen, welche jedoch zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich sind, mit auszuführen, sofern dies der Auftraggeber verlangt. Eine Einschränkung besteht für den Fall, dass der Betrieb des Auftragsnehmers auf derartige zusätzliche Leistungen nicht eingerichtet ist.
Rz. 2339
Damit sieht § 1 Abs. 4 S. 1 ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ähnlich § 315 BGB vor. § 1 Abs. 4 S. 1 VOB/B hält einer isolierten Inhaltskontrolle stand. Anders würde sich die rechtliche Einschätzung darstellen, sofern eine Vertragsbedingung den Auftragnehmer schlechthin auf bloßes Verlangen des Auftraggebers verpflichtet, im gleichen Vertrag Zusatzleistungen zu erbringen. Hier läge ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4, 307 BGB vor. In diesem Falle müsste der Auftragnehmer auch dann Zusatzleistungen erbringen, wenn sein Betrieb nicht darauf eingerichtet wäre.
III. Vergütung (§ 2 VOB/B)
1. § 2 Abs. 5 S. 1 VOB/B
Rz. 2340
Nach § 2 Abs. 5 S. 1 VOB/B ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten dann zu vereinbaren, wenn durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden.
Rz. 2341
Diese Regelung hält auch einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach überwiegender Auffassung stand. Die Rechtsprechung hat keine Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 2 Abs. 5 VOB/B angemeldet. Der BGH sah hierin lediglich einen Modus für die Vereinbarung des neuen Preises bei Änderungsanordnungen des Auftraggebers. Dabei seien grundsätzlich die alten Preise zum Ausgangspunkt für die Neuberechnungen des Preises zu machen. Dem Auftragnehmer verblieben etwaige Vorteile aus seiner ursprünglichen Kalkulation.
Rz. 2342
Nach allgemeiner Auffassung ist daher die Klausel nicht als unangemessen zu bezeichnen.
2. § 2 Abs. 6 VOB/B
Rz. 2343
Der Auftragnehmer hat gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 1 S. 1 VOB/B Anspruch auf besondere Vergütung, sofern eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert wird. Der Auftragnehmer muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 S. 2 VOB/B ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt.
Rz. ...