Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Ausschluss der Legalzession (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB)
Rz. 823
Gemäß § 774 Abs. 1 S. 1 BGB findet bei Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen ein gesetzlicher Forderungsübergang statt (cessio legis). Das bedeutet, dass die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt, sondern auf den Bürgen übergeht. Soweit in einer Formularbürgschaft vereinbart wird, dass der gesetzliche Forderungsübergang erst für den Fall der vollständigen Befriedigung des Gläubigers erfolgen soll, ist eine unangemessene Benachteiligung des Bürgen i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB darin nicht zu sehen, wenn die Bürgschaft sämtliche Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit dem Hauptschuldner sichert. In diesem Fall überwiegt das Interesse des Gläubigers, dass ihm die Inanspruchnahme des Hauptschuldners nicht durch konkurrierende Rückgriffsansprüche des Bürgen erschwert wird. Dem Bürgen bleibt der Anspruch aus § 670 BGB auf Aufwendungsersatz gegen den Hauptschuldner erhalten. Ausgeschlossen werden allein die Rechte aus dem mit dem Forderungsübergang verbundenen Übergang der unter Umständen erst nach Abschluss des Bürgschaftsvertrags begründeten Sicherungs-, Vorzugs- und Nebenrechte Dritter gemäß §§ 412, 401 BGB. Dies erscheint im Hinblick auf Sinn und Zweck der Bürgschaftsübernahme auch noch angemessen. Mit einer Bürgschaftsübernahme soll das Insolvenzrisiko des Hauptschuldners auf den Bürgen verlagert werden. Die Klausel verbessert diese Stellung des Gläubigers in noch zulässigem Umfang, indem sie verhindert, dass der Bürge auf möglicherweise vom Gläubiger später benötigte Sicherheiten zugreift. Selbst dann, wenn weitere Bürgschaften bestellt wurden, ist keine wesentliche Verschlechterung der Rechtsposition des Bürgen zu erkennen und das Interesse der Bank überwiegt. Für den Fall einer missbräuchlichen Regressverhinderung bleibt dem Bürgen die Möglichkeit, sich über einen Schadensersatzanspruch schadlos zu halten.
Rz. 824
Ein umfassender Ausschluss des gesetzlichen Forderungsübergangs verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da der Forderungsübergang zu den wesentlichen Grundpfeilern der Bürgschaft gehört. Er würde im Falle der Gläubigerbefriedigung den Verlust aller Sicherungs-, Vorzugs- und Nebenrechte für den Bürgen bedeuten. Dem Bürgen bleibt zwar auch dann der Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB gegenüber dem Hauptschuldner erhalten, sodass auf den ersten Blick der Eindruck entsteht, der gesetzliche Forderungsübergang habe keinen eigenen wirtschaftlichen Wert. Soweit aber keine Globalbürgschaft vorliegt, führt eine solche Klausel zu einer erheblichen Erhöhung des Ausfallrisikos beim Bürgen. Das Interesse des Gläubigers an einer über die Bürgschaft hinausgehenden Absicherung der Hauptforderung steht nicht mehr in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Bürgschaftsvertrags.
II. Ausschluss der Gesamtschuldnerschaft bei Mitbürgen (§ 769 BGB)
Rz. 825
Gemäß § 769 BGB haften mehrere Bürgen einer Hauptforderung gegenüber dem Gläubiger entsprechend § 774 Abs. 2 BGB als Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB. Dies gilt auch, wenn sie sich nicht gemeinschaftlich i.S.d. § 421 BGB verbürgt haben. Der BGH hält eine Klausel für wirksam, wonach diese Regelung und damit die gesamtschuldnerische Haftung von Mitbürgen ausgeschlossen werden. Dies hat zur Folge, dass jeder Bürge unabhängig von anderen Bürgschaften abweichend von § 769 BGB in Form der sog. "Nebenbürgschaft" haftet. Allerdings vertritt der BGH die Auffassung, dass die Haftung der Bürgen bei Auslegung der Klausel gemäß § 305c Abs. 2 BGB nur im Außenverhältnis ausgeschlossen ist. Im Innenverhältnis bleibe die gesamtschuldnerische Haftung bestehen, sodass im Ergebnis § 426 BGB nicht ausgeschlossen werde. Ähnlich sah es das Brandenburgische OLG. Ein Ausschluss des § 769 BGB führe nicht automatisch dazu, dass ein Ausgleich zwischen mehreren Bürgen, die sich für dieselbe Verbindlichkeit verbürgt haben, nicht stattfindet. Die Ausgleichspflicht unter Mitbürgen entstehe bereits mit Begründung des Gesamtschuldverhältnisses und nicht erst mit der Leistung eines Gesamtschuldners an den Gläubiger. Die Rechte und Pflichten aus dieser Rechtsbeziehung zwischen den Mitbürgen würden nicht allein...