Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 2240
Bei Beendigung des Automobil-Händlervertrags bestehen i.d.R. Ausgleichsansprüche analog § 89b HGB. Die Relevanz des Ausgleichsanspruchs ist sehr hoch. Zum einen sind in den letzten Jahren auch leistungsstarke Händler gekündigt worden, die einen großen Kundenstamm aufgebaut hatten, der für den Hersteller (Importeur) von großem Vorteil ist, hingegen der Händler den Kundenstamm meist nicht selbst uneingeschränkt weiter nutzen kann. Da Ausgleichsansprüche sehr werthaltig sein können, umgekehrt die gesetzliche Regelung vielerlei Fragen offenlässt sowie den Gesichtspunkt der Billigkeit in den Vordergrund rückt, hat sich eine umfangreiche Kasuistik zu den Fragen des Ausgleichsanspruchs entwickelt. Auch dies wird nicht in einer GVO geregelt werden. Insoweit kommt den Regelungen im HGB, die entsprechend anwendbar sein können (wie § 89b HGB, nicht aber § 89 HGB, soweit Investitionen getätigt werden müssen), eine Leitbildfunktion auch für Vertragshändler zu. Wie beim Handelsvertreter kann auch beim Vertragshändler nicht formularmäßig vereinbart werden, dass mit der Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs andere Ansprüche entfallen. Ebenso kann nicht formularmäßig bestimmt werden, dass vertraglich geschuldete Ansprüche auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen sind. Auch durch einen höheren Rabatt kann nicht der Ausgleichsanspruch geschmälert werden.
Rz. 2241
Ist deutsches Recht vereinbart oder anwendbar, so können erfüllte Analogievoraussetzungen für § 89b HGB oder der Anspruch selber nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass die Tätigkeit des Vertraghshändlers in einem anderen Vertragsstaat des EWS erfolgen soll.
Rz. 2242
Das Angebot eines Servicevertrags im Anschluss an einen vom Hersteller gekündigten Händlervertrag ist dagegen für das Bestehen von Ausgleichsansprüchen irrelevant. Der gekündigte Händler kann daher den neuen Vertrag ablehnen, ohne hierdurch Ausgleichsansprüche zu verlieren. Diese Ablehnung steht einer Eigenkündigung nicht gleich. Der anschließende Werkstattvertrag kann jedoch die Ausgleichsansprüche reduzieren. Einer Eigenkündigung – mit der Folge eines Entfalls des Anspruchs – steht gleich, wenn die Parteien auf die Einhaltung der Kündigungsfrist verzichten und zugleich keine einvernehmliche Vertragsbeendigung vereinbart wird. Natürlich kann der Ausgleichsanspruch auch nicht formularmäßig abbedungen werden. Die Klausel "Der Händler ist nicht verpflichtet, Kundendaten an den Hersteller zu übermitteln" ist dann nicht relevant, wenn sich der Hersteller über Einsichtsrechte, Meldepflichten, Gewährleistungs- und Kontaktprogramme alle wesentlichen Kundendaten beschafft. Klauseln, dass ein bestimmter Prozentsatz der Provisionen auf die verwaltende Tätigkeit entfällt, verstoßen bereits gegen § 89b Abs. 4 HGB. Für die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit während oder nach Abschluss des Vertrags kann jedoch ein Billigkeitsabzug vereinbart werden.
Rz. 2243
Für Versicherungs- und Bausparkassenvertreter gilt § 89b Abs. 5 HGB.