Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
I. Ordentliche Kündigung
Rz. 2244
Nachdem der Rechtsschutz gegen eine ordentliche Kündigung in Vertriebsverträgen sehr beschränkt ist, stellt sich hier (Beispiel Kfz-Vertrieb) zumeist nur die Frage, ob eine zweijährige oder eine einjährige Frist einzuhalten ist. Hierbei ist die Kündigung mit zweijähriger Beendigungsfrist der Regelfall und Ausnahmen für eine Umstrukturierung des Vertriebsnetzes, die eine einjährige Kündigungsfrist ermöglichen, sind besonders zu rechtfertigen.
II. Pkw-Abnahmen
Rz. 2245
Nachdem die Abnahmemenge von vielerlei Faktoren abhängig ist, wird diese nicht mehr vertraglich festgelegt. Eine pauschale formularmäßige Festlegung, auch als Mindestabnahmemenge, wäre auch nach § 307 BGB unwirksam.
III. Dienstleistungen/Schulungen
Rz. 2246
Kosten für Schulungen können nicht verlangt werden, wenn keine Verpflichtung bestand, diese Schulungen wahrzunehmen. Hierbei kommt dem Status als selbstständiger Vertragshändler oder Servicepartner besondere Bedeutung zu. Nachdem der Händler das Insolvenzrisiko trägt, muss diesem ein Kernbereich an wirtschaftlich relevanten Entscheidungen verbleiben können.
IV. Testgeräte
Rz. 2247
Auch bei der Anschaffung von Testgeräten steht dem Händler ein weites Ermessen zu. Kann auch ohne ein bestimmtes Testgerät sachgerecht repariert werden, sind Erwerbsverpflichtungen oder gar Kündigungen aus dem Grund fehlender Anschaffung unwirksam.
V. Verbot Neuwagenvertrieb
Rz. 2248
Das OLG Thüringen ist der Auffassung, aus der GVO 1400/2002 lasse sich ein Verbot, Neuwagenverkäufe durchzuführen, nicht herleiten. Das Recht zur Vermittlung wurde bislang nicht in Frage gestellt, der Verkauf von Neufahrzeugen ist dagegen objektiv eine Durchbrechung des selektiven Vertriebs.
Rz. 2249
Wiederverkaufsverbote sind in selektiven Vertiebssystemen grundsätzlich zulässig; außerhalb solcher jedoch problematisch und können zu Schadensersatzansprüchen führen.
Rz. 2250
Der Sache nach hat auch der BGH im Urteil "Schwarzhandel mit Bundesligakarten" Grenzen gezogen und bei einem Einkauf der Karten von Privat einen Wettbewerbsverstoß zu Recht abgelehnt. Soweit der Hersteller kartellrechtlich jedoch zum selektiven Vertrieb berechtigt ist, kann dies auch formularmäßig mit dem Händler vereinbart werden.
VI. Verbot der Zweitmarke
Rz. 2251
Nach der bisherigen GVO war ein Verbot, eine Zweitmarke zu vertreiben nicht von der GVO freigestellt und damit grundsätzlich kartellrechtlich problematisch. In der neuen GVO wird diese Frage offengelassen.
Rz. 2252
Im Leitfaden der Kommission ist hierzu Folgendes ausgeführt:
Zitat
5. Was ändert sich für Kfz-Händler, die konkurrierende Marken vertreiben ("Mehrmarkenhändler")?
Die alten Regeln trugen wenig zur Förderung des Mehrmarkenhandels bei. Dieser ist weiterhin von der Größe der Vertriebsunternehmen und ihrem Standort abhängig, sodass der Mehrmarkenhandel vor allem in entlegenen Gebieten und innerhalb großer Vertriebsgruppen mit Nachfragemacht erfolgt.
Außerdem reagierten die Kfz-Hersteller auf die Gefahren, die ein verbreiteter Mehrmarkenhandel für die Markenidentität und das Firmenimage bergen kann, indem sie von den Händlern höhere Investitionen (z.B. in die Trennung der Marken und die Präsentation) verlangten. Zudem gingen sie dazu über, sich in geringerem Umfang an den Investitionskosten der Händler zu beteiligen. Nach den bisherigen Regeln mussten die Kfz-Hersteller (die in den Genuss der Gruppenfreistellung kommen wollten) ihren Händlern erlauben, die Marken von mindestens zwei konkurrierenden Herstellern in einem Ausstellungsraum zu verkaufen.
Die oben beschriebenen Entwicklungen führten zu einem allgemeinen Anstieg der Vertriebskosten um schätzungsweise 20 % zum Nachteil der Kfz-Händler und der Verbraucher.
Die neuen Regeln verschaffen den Kfz-Herstellern mehr Spielraum bei der Organisation ihrer Netze und bieten ihnen insbesondere die Möglichkeit, für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Markenzwang und Mehrmarkenhandel zu sorgen.
Die Kommission hat einige Schutzmechanismen vorgesehen, um den Vertrieb kleinerer Marken zu gewährleisten:
Erstens fallen Hersteller, die Markenzwang ausüben, nur dann unter die Gruppenfreistellung, wenn ihr Anteil auf dem nationalen Markt höchstens 30 % beträgt.
Zweitens gilt die Gruppenfreistellungsverordnung nicht für Hersteller, die länger als fünf Jahre Markenzwang ausüben. Die Händler müssen die Möglichkeit haben, diese Bindung nach fünf Jahren zu beenden.
Drittens fallen Vereinbarungen mit...