Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
23.1
A. Allgemeines
Rz. 944
AGB-Klauseln, mit denen sich der Verwender von seiner Haftung gegenüber der Verwendergegenseite freizeichnen will, unterliegen einer Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 7 und § 307 BGB. Hinsichtlich der von § 309 Nr. 7 BGB erfassten Klauselverbote unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Haftungsausschlüssen und Haftungsbegrenzungen. Allerdings werden beide Arten der Haftungsfreizeichnung im Anwendungsbereich dieser Vorschrift verboten (siehe die Kommentierung zu § 309 Nr. 7).
Rz. 945
Ein Haftungsausschluss liegt vor, wenn der Anspruchsgrund ausgeschlossen und somit die Entstehung des Anspruchs verhindert wird. Dagegen lässt eine Haftungsbegrenzung die Entstehung des Anspruchs dem Grunde nach unberührt und beschränkt lediglich den Umfang der Haftung. Neben Klauseln, die einen Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung vorsehen, sind auch solche Klauseln einer Inhaltskontrolle zu unterziehen, die aufgrund ihres Regelungsgehalts eine indirekte Haftungsfreizeichnung bewirken (sog. "mittelbare Haftungsbegrenzungen"). Dies ist z.B. der Fall, wenn vertragliche Leistungspflichten in AGB beschränkt oder ausgeschlossen werden (siehe § 309 Nr. 7 BGB Rdn 14).
B. Die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 BGB
Rz. 946
§ 309 Nr. 7a BGB verbietet jegliche Haftungsfreizeichnung für sog. "Körperschäden" (Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit), die auf einer schuldhaften Pflichtverletzung des Verwenders, seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen beruhen. Ebenso wie in § 309 Nr. 7b BGB werden vorsätzliche Pflichtverletzungen durch den Verwender selbst im Klauselverbot nicht ausdrücklich genannt. Die diesbezügliche Haftung des Verwenders kann bereits nach § 276 Abs. 3 BGB nicht abbedungen werden.
Rz. 947
Nach § 309 Nr. 7b BGB sind Haftungsausschlüsse und -begrenzungen bezüglich sonstiger Schäden unwirksam, wenn sich der Verwender von seinem eigenen groben Verschulden (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) oder dem groben Verschulden seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen freizeichnen will. Formularmäßige Haftungsfreizeichnungen für einfache Fahrlässigkeit fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7b BGB. Sie unterliegen jedoch einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und sind nur in engen Grenzen zulässig (dazu Rdn 949 ff.).
Rz. 948
§ 309 Nr. 7 BGB gilt für alle Arten von Pflichtverletzungen und ist auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung zumindest entsprechend anwendbar. Die Vorschrift verbietet jegliche Art von Haftungsausschlüssen oder -begrenzungen. Daraus folgt, dass die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie die Haftung für Körperschäden, die auf einfacher Fahrlässigkeit beruhen, weder vollständig ausgeschlossen noch betragsmäßig begrenzt werden kann. Ebenso unzulässig ist der Ausschluss der Schadensersatzpflicht für bestimmte Schäden. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten siehe die Kommentierung zu § 309 Nr. 7 BGB.
C. Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (einfache Fahrlässigkeit)
I. Unangemessene Benachteiligung wegen der Verletzung wesentlicher Vertragspflichten (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB)
1. Wesentliche Vertragspflichten
Rz. 949
Haftungsfreizeichnungen für Pflichtverletzungen, die auf einfacher Fahrlässigkeit beruhen, werden – mit Ausnahme der Freizeichnung für die schuldhafte Verursachung von Körperschäden – nicht vom Klauselverbot des § 309 Nr. 7 BGB erfasst. Ihre Zulässigkeit beurteilt sich nach § 307 BGB. Danach sind Haftungsfreizeichnungen unwirksam, wenn sie die Verwendergegenseite entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Rz. 950
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist von einer unangemessenen Benachteiligung der Verwendergegenseite dann auszugehen, wenn der Klauselverwender seine Haftung für die schuldhafte Verletzung wesentlicher Vertragspflichten ausschließt oder dergestalt beschränkt, dass dadurch die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Neben dem in der Praxis gelegentlich anzutreffenden Begriff "vertragswesentliche Pflichten" werden die wesentlichen Vertragspflichten in Rechtsprechung und Schrifttum auch häufig als "Kardinalpf...