Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 830
Mit einer Gewährleistungsbürgschaft werden Mängelgewährleistungsansprüche des Auftraggebers besichert. Gemäß § 17 Nr. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer die Wahl unter den verschiedenen Sicherungsmitteln und kann das eine durch ein anderes ersetzen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es zulässig, in den AGB eines Bauvertrags eine Verpflichtung zur Bestellung einer unbefristeten, unwiderruflichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers wahlweise neben einem Werklohneinbehalt zu vereinbaren. Eine solche AGB-mäßige Vereinbarung räume dem Auftragnehmer die Wahl ein, für einen bestimmten Zeitraum auf seinen restlichen Werklohn zu verzichten und damit Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder eine Bürgschaft zu stellen und unter Einschränkung seiner Kreditlinie nur mit Avalzinsen hierfür belastet zu werden. Das berechtigte Sicherungsinteresse überwiege gegenüber den mit der Stellung einer Bürgschaft verbundenen Nachteilen für den Auftragnehmer. Dies soll auch dann gelten, wenn die Bürgschaft das einzige Sicherungsmittel sein soll.
Rz. 831
So hat der BGH beispielsweise entschieden, dass eine formularmäßige Vereinbarung wirksam ist, wonach ein Einfamilienfertighausanbieter in Verträgen mit privaten Bauherren die Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bürgschaft eines Kreditinstituts in Höhe der geschuldeten Gesamtvergütung zur Absicherung aller sich aus dem Vertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen des Bauherrn auch schon acht Wochen vor dem vorgesehenen Baubeginn verlangt. Gegenüber den übrigen Finanzierungskosten falle die damit verbundene Kostenbelastung des Bauherrn in Form der Avalprovision des Kreditinstituts nicht entscheidend ins Gewicht. Die abzusichernden Risiken seien dagegen für den Fertighausanbieter nicht unwesentlich.
Rz. 832
Soweit eine Gewährleistungsbürgschaft in den AGB eines Bauvertrages für Ansprüche bis zur Höhe von 5 % des Auftragswertes verlangt wird, ist dies nicht zu beanstanden. Darüber hinaus aber nicht. Vertragsklauseln, wonach Gewährleistungsansprüche bis zur Annahme der Schlusszahlung i.H.v. 7 % bzw. 8 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme durch Bürgschaften gesichert sind, hat der BGH daher für unwirksam erklärt. Aber auch dann, wenn zwar keine Bürgschaft auf erstes Anfordern vorliegt, aber im Übrigen ein umfassender Einredeverzicht vereinbart wurde, kann nichts anders gelten. Wird allerdings ein Bareinbehalt vom Werklohn i.H.v. 5 % vereinbart und sehen die AGB des Auftraggebers vor, dass dem Auftragnehmer ein Ablöserecht nur gegen Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zusteht, liegt darin eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 BGB. Es fehlt an einem angemessenen Ausgleich für den Gewährleistungseinbehalt. Das Gesetz sieht in § 641 BGB vor, dass die volle Vergütung grundsätzlich nur bei Abnahme zu entrichten und im Zweifel zu verzinsen ist. Wird eine Sicherung der Gewährleistungsansprüche verlangt, ist dies zwar ein schutzwürdiges Interesse und damit zulässig. Eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung in AGB ist aber nur zulässig, wenn die Interessen beider Vertragspartner ausreichend berücksichtigt werden. Dies ist bei einer formularmäßigen Kumulation der Sicherungsrechte in diesem Umfang nicht mehr der Fall. Unzulässig ist auch eine Rückgabeklausel, wonach die Bürgschaft erst zurückzugeben ist, wenn alle unter die Gewährleistungsfrist fallenden Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können, weil sie keine Rücksicht auf das Verhältnis zwischen dem Wert des Anspruchs und dem Wert der Bürgschaft nimmt.
Rz. 833
Wird ein Sicherheitseinbehalt für einen bestimmten Zeitraum vereinbart, kann diese Regelung einem berechtigten Interesse des Auftraggebers dienen. Hierfür ist dem Auftragnehmer aber ein angemessener Ausgleich zuzugestehen. Ein Austauschrecht, das allein zur Ablösung des Gewährleistungseinbehalts durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern berechtigt, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Liquiditäts- und Verzinsungsinteressen des Auftragnehmers werden nicht angemessen berücksichtigt. Mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern werden dem Gläubiger, ohne dass er den Anspruch schlüssig darlegen muss, sofort liquide Mittel zugeführt, wenn er den Bürgschaftsfall für eingetreten erklärt. Der Auftragnehmer, dem dadurch Liquidität entzogen wird, kann seine Einwendungen in der Regel nur in einem langjährigen Rückforderungsprozess geltend machen. Während dieser Zeit hat er das Bonitätsrisiko des Auftraggebers zu tragen. Die Ablösung durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern geht damit deutlich über die Notwendigkeit hinaus, etwaige Gewährleistungsansprüche zu sichern.
Rz. 834
Die Wirksamkeit einer Austauschklausel, die allein eine Bürgschaft auf erstes Anfordern als zulässiges Austauschmittel ansieht, wird auch nicht dadurch hergestellt, dass der Einbehalt auf Verlangen des Au...