Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
31.1
A. Allgemeines
Rz. 1165
Die inländischen ABB Flugpassage/Beförderungsbedingungen entsprechen im Wesentlichen der IATA-Empfehlung 1013. Sofern der Luftfrachtführer keine Verantwortung für das Erreichen von Anschlüssen übernehmen will, verstößt dies gegen § 309 Nr. 7b und Nr. 8 BGB.
Rz. 1166
Eine Bestimmung, wonach einseitig Flugpläne und Zwischenlandungspunkte geändert, andere Luftfrachtführer mit der Beförderung betraut oder anderes Fluggerät eingesetzt werden kann, verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB.
Rz. 1167
Eine Freizeichnungsklausel, wonach sich der Verwender das Recht ausbedingt, ohne Ankündigung einen Flug abzusagen oder zu ändern, "wenn es die Umstände erfordern", verstößt gegen § 307 BGB.
Rz. 1168
Die Formularbestimmung, wonach die Haftung des Luftfrachtführers für solche Schäden ausgeschlossen ist, die dem Fluggast durch Inanspruchnahme einer vom Luftfrachtführer vermittelten Unterkunft entstehen, verstößt gegen § 309 Nr. 7b und Nr. 8 BGB.
Rz. 1169
Die Klausel "Bei der Beförderung von Personen sowie von aufgegebenem Gepäck ist der Luftfrachtführer zum Schadensersatz nur dann verpflichtet, wenn ihm nachweislich Fahrlässigkeit zur Last fällt." verstößt gegen § 309 Nr. 12 BGB, denn dem Fluggast wird hier die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen.
Rz. 1170
Die Klausel, wonach der Luftfrachtführer gegenüber einem Fahrgast für Tod, Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung seine Haftung auf 250.000 Goldfranken oder deren Gegenwert beschränkt, verstößt gegen § 309 Nr. 7a BGB.
Rz. 1171
Eine Klausel, wonach der Reisende bei einem nach Anmeldeschluss erklärten Rücktritt vom Flug, Ersatz für Aufwendungen und Auslagen in Höhe des vollen Flugpreises zu zahlen hat, ist gemäß § 309 Nr. 5b i.V.m. § 308 Nr. 7b BGB unwirksam. Der Unternehmer muss sich in einem solchen Falle mit einer angemessenen Vergütung für bereits erbrachte Leistungen und dem Ersatz etwaiger Auslagen begnügen.
Rz. 1172
Auch nach der VO 261/2004 steht dem Fluggast nicht ohne Weiteres ein Anspruch auf Schadensersatz zu, wenn wegen Verspätung der Zubringerflug nicht erreicht werden kann. Ansprüche kommen jedoch wegen Verzugs in Betracht, wenn das Luftverkehrsunternehmen die Verspätung verschuldet hat und dem Fahrgast hierdurch ein Schaden entsteht. Ein formularmäßiger genereller Ausschluss für Schäden aus verpassten Anschlussflügen ist daher nicht möglich.
B. Ansprüche bei Flugunfällen, Flugausfällen, Verspätungen
Rz. 1173
Zu den Ansprüchen bei Flugunfällen, Flugausfällen und Verspätungen gilt im Übrigen Folgendes: Die Rechtslage bei Flugunfällen, Flugausfällen und Verzögerungen ist oft unklar. Im Folgenden soll versucht werden, das Thema näher auszuleuchten. Zuletzt hatten sowohl der Streik der Lufthansa wie auch die Vulkanausbrüche in Island 2010 und im Mai 2011 sowie Mitte Juni 2011 in Chile Fragen der Entschädigung aufgeworfen.
I. Flugunfälle
Rz. 1174
Die Zahl der Flugzeugkatastrophen scheint sich erhöht zu haben, trotzdem werden die rechtlichen Fragen wenig erörtert und bleiben Spezialisten vorbehalten. Derzeit sind etwa 390.000 Luftfahrzeuge registriert von denen nur etwa 10.000 klassische Passagierjets sind. Allgemein gilt das Flugzeug als das sicherste Transportmittel. Trotzdem hat insbesondere der Absturz der Concorde vor 17 Jahren das Thema der Entschädigung der Angehörigen bei Flugunfällen aufgeworfen.
1. Anwendbares Recht
Rz. 1175
Mit dem Fluggast selber bestehen vertragliche Beziehungen zum Reiseveranstalter, nicht aber zur Fluglinie. Nach dem Warschauer Abkommen bzw. ab 2004 dem Montrealer Abkommen (MÜ) und der VO 2027/97 haftet jedoch der Transportführer für Tod, Körperverletzung oder sonstige Gesundheitsschädigung nur bis maximal 100.000 Sonderziehungsrechten (SDR) des Internationalen Währungsfonds (entspricht 110.000 EUR) je Anspruchsteller, Gerichtskosten eingeschlossen. Dies ist ein Fall der Gefährdungshaftung, auf Verschulden kommt es nicht an. Ebenfalls besteht ein Vorschussanspruch auf einen Teilbetrag. Der Anspruch geht auf die Erben und Angehörigen im Todesfalle über. Eine höhere Haftung kommt bei grober Fahrlässigkeit des Transportführers in Betracht; hier sind diese Obergrenzen aufgehoben und der Anspruch kann weit darüber hinausgehen. Damit haftet das Luftfahrtunternehmen für vermutetes Verschulden in unbegrenzter Höhe. Einer über 100.000 SDR hinausgehenden Haftung kann das Luftfahrtunternehmen also nur du...