Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1099
Handelsvertreterverträge sind zumeist auf eine längerfristige Zusammenarbeit angelegt. Entsprechend kann sich im Laufe der Vertragsdauer das Bedürfnis ergeben, den Vertrag geänderten Gegebenheiten anzupassen. Insbesondere der Unternehmer, der sich geänderten Kundenwünschen und/oder dem Bedürfnis zu einer Anpassung der Vertriebsstruktur gegenübersieht, hat in gewissem Umfang ein legitimes Interesse an der Möglichkeit einseitiger Änderung. Solche Änderungsvorbehalte sind in AGB nicht uneingeschränkt möglich, wie sich aus § 308 Nr. 4 BGB ergibt, dessen Grundgedanke über § 307 BGB auch im unternehmerischen Verkehr zum Tragen kommt. Ein freies, an keine Voraussetzungen gebundenes einseitiges Änderungsrecht, ist unwirksam. Gewisse Änderungsvorbehalte können jedoch auch AGB-mäßig vereinbart werden.
Im Einzelnen:
1. Vertragsgebiet
Rz. 1100
Ein Recht des Unternehmers, einseitig das dem Vertriebsmittler zugewiesene Vertragsgebiet zu ändern, insbesondere auch dieses zu verkleinern, wird in der Praxis weniger für Handelsvertreter als für Vertragshändler diskutiert. Die für Vertragshändler gewonnenen Erkenntnisse sind aber auch für Handelsvertreterverträge anwendbar. Von Teilen der Literatur wird ein solcher Änderungsvorbehalt zugunsten des Herstellers für grundsätzlich unwirksam gehalten. Der BGH hat dagegen in mehreren Entscheidungen zu Vertragshändlerverträgen lediglich sehr strenge Anforderungen an solche Änderungsvorbehalte gestellt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH muss die Klausel konkret schwerwiegende Gründe aufführen, in denen eine einseitige Gebietsänderung zulässig ist, und weiterhin sicherstellen, dass die Interessen des Händlers angemessen berücksichtigt werden, insbesondere ihm ein angemessener Ausgleich für den Gebietsverlust gewährt wird. Die Angabe pauschaler Gründe für Änderungen, wie beispielsweise "aus Gründen der Marktabdeckung" oder "zur Sicherung des Marktanteils", ist nicht ausreichend. Weiterhin ist bei der Gestaltung einer Änderungsvorbehaltsklausel klarzustellen, dass dem Handelsvertreter hinsichtlich der Kunden, die durch die Gebietsänderung wegfallen, ein Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) zusteht.
Rz. 1101
Ob dem Handelsvertreter neben dem zu gewährenden Ausgleichsanspruch noch eine zusätzliche Entschädigung zu gewähren ist, wie dies für den Vertragshändler teilweise gefordert wird, ist umstritten. Soweit der Handelsvertreter die Möglichkeit verliert, weiterhin mit den von ihm geworbenen Kunden im wegfallenden Gebiet Geschäfte zu vermitteln und Provisionen zu verdienen, gewährt ihm § 89b HGB einen Ausgleich. Damit ist der Handelsvertreter aber noch nicht angemessen entschädigt, wenn der Prinzipal von einem Änderungsvorbehalt während der Laufzeit eines für einen festen Zeitraum abgeschlossenen Handelsvertretervertrags Gebrauch macht: Der Handelsvertreter verliert in einem solchen Fall die Möglichkeit, in dem weggefallenen Gebiet neue Kunden zu werben und aus Geschäften mit ihnen Provisionen zu verdienen. Die in einem einseitigen Änderungsrecht liegende Abweichung von dem das Vertragsrecht beherrschenden Grundsatz der Bindung beider Vertragspartner ist bei dieser Sachlage nur gerechtfertigt, wenn der Handelsvertreter auch insoweit eine Entschädigung erhält.
Rz. 1102
Weiterhin muss eine angemessene Ankündigungsfrist für die Änderung vorgesehen werden. Ausreichend dürfte hier eine Orientierung an den Kündigungsfristen des § 89 HGB sein. Gründe, warum dem Handelsvertreter eine längere Frist zur Umstellung als bei einer – wesentlich gravierenderen – Vollbeendigung eingeräumt werden muss, sind nicht ersichtlich.
2. Kundenkreis
Rz. 1103
Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend, wenn dem Handelsvertreter kein regional abgegrenztes Vertragsgebiet, sondern bestimmte Kunden zugewiesen sind. Ein hinreichend gewichtiger einen Änderungsvorbehalt tragender Grund wäre es, dass ein Kunde verlangt, zukünftig direkt vom Unternehmer oder einem anderen Handelsve...