Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 825
Gemäß § 769 BGB haften mehrere Bürgen einer Hauptforderung gegenüber dem Gläubiger entsprechend § 774 Abs. 2 BGB als Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB. Dies gilt auch, wenn sie sich nicht gemeinschaftlich i.S.d. § 421 BGB verbürgt haben. Der BGH hält eine Klausel für wirksam, wonach diese Regelung und damit die gesamtschuldnerische Haftung von Mitbürgen ausgeschlossen werden. Dies hat zur Folge, dass jeder Bürge unabhängig von anderen Bürgschaften abweichend von § 769 BGB in Form der sog. "Nebenbürgschaft" haftet. Allerdings vertritt der BGH die Auffassung, dass die Haftung der Bürgen bei Auslegung der Klausel gemäß § 305c Abs. 2 BGB nur im Außenverhältnis ausgeschlossen ist. Im Innenverhältnis bleibe die gesamtschuldnerische Haftung bestehen, sodass im Ergebnis § 426 BGB nicht ausgeschlossen werde. Ähnlich sah es das Brandenburgische OLG. Ein Ausschluss des § 769 BGB führe nicht automatisch dazu, dass ein Ausgleich zwischen mehreren Bürgen, die sich für dieselbe Verbindlichkeit verbürgt haben, nicht stattfindet. Die Ausgleichspflicht unter Mitbürgen entstehe bereits mit Begründung des Gesamtschuldverhältnisses und nicht erst mit der Leistung eines Gesamtschuldners an den Gläubiger. Die Rechte und Pflichten aus dieser Rechtsbeziehung zwischen den Mitbürgen würden nicht allein durch die vom Gläubiger einem Mitbürgen gewährte Haftungsbefreiung oder -begrenzung berührt.
Rz. 826
Diese Rechtsprechung kann nicht überzeugen, denn die Klausel macht nur Sinn, wenn durch sie § 426 BGB auch im Innenverhältnis ausgeschlossen sein soll. Für einen trotz objektiven Bestehens einer Gesamtschuldnerschaft in AGB vereinbarten Ausschluss des § 426 BGB, fehlt es vielmehr an einem überwiegenden sachlichen Interesse des Gläubigers. Bei einer Höchstbetragsbürgschaft ist der bis zum Höchstbetrag bereits in Anspruch genommene Bürge von einer weiteren Haftung befreit und kann bei dem anderen Bürgen über § 426 i.V.m. § 769 BGB Regress nehmen. Dadurch wird das Insolvenzrisiko des anderen Bürgen erhöht. Um sein Insolvenzrisiko zu minimieren, könnte der Gläubiger sämtliche Bürgen ebenso zeitgleich in Anspruch nehmen. Die Gefahr einer kumulativen Haftung besteht wegen § 422 BGB nicht. Der Gläubiger muss von vornherein seine Ansprüche gegen die Bürgen beziffern und kann insgesamt lediglich den gesicherten Betrag verlangen. Ein vollständiger Ausschluss des § 426 BGB führt damit zu einer unangemessenen Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Anwendbarkeit des § 426 BGB ist also in solchen Fällen nicht dadurch begründet, dass sie durch die Klausel nicht ausgeschlossen wurde, sondern dadurch, dass die Klausel unwirksam ist und damit die gesetzliche Regelung des § 426 BGB wieder auflebt.
Rz. 827
Eine Klausel in einem Bürgschaftsvertrag, wonach eine gesamtschuldnerische Haftung der Mitbürgen nur eintreten soll, wenn sie sich gemeinschaftlich in einer Urkunde verbürgt haben, ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Auch sie dient dazu, eine kumulative Haftung zu erzwingen. Wie sich aber das Verhältnis von zwei oder mehr Bürgschaften untereinander darstellt, kann nicht davon abhängig gemacht werden, wie viele Bürgschaftsurkunden errichtet werden, sondern wird durch das tatsächliche Verhältnis der Bürgen untereinander bestimmt. Hierfür streitet auch die Regelung des § 426 BGB, die eine Abweichung von der darin vorgesehenen Ausgleichspflicht nur zulässt, wenn etwas anderes bestimmt ist. Gemeint ist damit zwar neben einer gesetzlichen auch eine vertragliche Bestimmung, jedoch nur im Innenverhältnis der Gesamtschuldner.