Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
1. Ausgleichsanspruch
Rz. 1155
Hinsichtlich der Möglichkeit den Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB gegenüber Handelsvertretern auszuschließen, die ihren Tätigkeitsbereich außerhalb der EU und des EWR haben, wird teilweise vertreten, dass dies AGB-rechtlich nur möglich sei, wenn der Ausschluss nach dem Recht des Einsatzlandes zulässig ist. Dies kann bei Anwendbarkeit deutschen Rechts, was Voraussetzung ist, dass überhaupt eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stattfindet, nicht überzeugen. Die Frage, ob sich eventuell ein zwingender Ausgleichsanspruch des Tätigkeitslandes gegenüber dem deutschen Recht durchsetzt, ist soweit deutsche Gerichte zur Entscheidung berufen sind, eine Frage des Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO. Hier ist aber jeweils im Einzelfall im Hinblick auf das konkret in Rede stehende Recht des Staates, in dem der Handelsvertreter tätig werden soll, zu entscheiden, ob dieses als Eingriffsnorm i.S.d. Art. 9 Abs. 1 und 3 Rom I-VO zu qualifizieren ist, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der betreffenden ausländischen Norm erfüllt sind und welche Folgerungen das deutsche Gericht daraus zieht.
Rz. 1156
Teilweise wird bei der Beurteilung gemäß § 307 BGB auch darauf abgestellt, ob ein Ausgleichsanspruch im Tätigkeitsland branchenüblich ist. Allerdings überzeugt auch dies nicht, da die Branchenüblichkeit umgekehrt auch nicht geeignet ist, die Ablehnung einer unbilligen Benachteiligung zu begründen, sofern diese nicht zum Handelsbrauch erwachsen ist, wie sich aus § 310 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt. Entsprechend ist mit dem OLG München davon auszugehen, dass der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, der außerhalb der EU und des EWR tätig ist, auch in AGB wirksam abdingbar ist.
2. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Rz. 1157
Entsprechend den vorstehenden Ausführungen zum Ausschluss des Ausgleichsanspruchs kann auch der Anspruch auf Karenzentschädigung nach § 90a Abs. 1 HGB im Verhältnis zu einem Handelsvertreter, der außerhalb der EU und des EWR tätig ist, auch in AGB wirksam ausgeschlossen werden. Darauf, ob das ausländische Recht am Tätigkeitsort eine zwingende Karenzentschädigung kennt, kommt es wiederum nur im Rahmen des Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO an.
Rz. 1158
Teilweise wird aber bereits gegen einen individualvertraglichen Ausschluss der Karenzentschädigung gestützt auf eine Entscheidung des BAG zu § 75b S. 1 HGB angeführt, dass diese wegen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG unwirksam sei. Hiergegen spricht zunächst, dass der Handelsvertreter als selbstständiger Gewerbetreibender anders als ein Handlungsgehilfe nur eines geringeren Schutzes bedarf. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass in einer Vielzahl von Fällen Art. 12 Abs. 1 GG in den Fallkonstellationen des § 92c HGB gar nicht einschlägig ist. Art. 12 Abs. 1 GG gewährt das Grundrecht der Berufsfreiheit nur deutschen Staatsbürgern. Ausländer und Staatenlose können sich mithin lediglich auf die Garantie des Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Zulasten von Ausländern und Staatenlosen können daher in stärkerem Maße öffentliche Interessen, wie die in der Gesetzesbegründung zu § 92c HGB angeführte Förderung der deutschen Exportwirtschaft, durchgesetzt werden. Dies gilt entsprechend bei juristischen Personen, die ihren Schwerpunkt im Ausland haben und/oder von Ausländern beherrscht werden. Daher ist ein entsprechender Ausschluss der Karenzentschädigung gegenüber Handelsvertretern, die außerhalb der EU und des EWR tätig sind, jedenfalls sofern diese keine Deutschen im Sinne des Grundgesetzes und auch nicht EU-Bürger sind, AGB-rechtlich wirksam.