Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1369
Grundsätzlich greift die Vorschrift des § 308 Nr. 4 BGB nur ein, wenn die Leistung des Verwenders geändert werden soll, nicht bei Änderungen der Leistung des Vertragspartners. § 308 Nr. 4 BGB gilt allerdings nicht für Klauseln, wonach sich der Verwender vollständig von seiner Leistungspflicht lösen kann. Der Begriff der Leistung erfasst dabei sämtliche Pflichten aus dem Vertrag, also Haupt- und Nebenleistungspflichten. Ebenfalls unter das Tatbestandsmerkmal der Leistung fallen vertraglich vereinbarte Schutzpflichten oder besondere Leistungsmodalitäten, wie z.B. Lieferorte und Anlieferungszeiten. Auch der Vorbehalt der "Änderung der Haus- und Garagenordnung" in einem Mietvertrag, fällt unter § 308 Nr. 4 BGB und ist – mangels Bestimmtheit sowie Angaben von konkreten Voraussetzungen – unwirksam.
Rz. 1370
Die Änderung der vertraglich vereinbarten Leistung ist grundsätzlich nur zulässig bzw. ein klauselmäßiger Änderungsvorbehalt ist nur wirksam, wenn dieser für den Vertragspartner zumutbar ist. Es hat daher eine Abwägung zu erfolgen, die sich anhand der berechtigten Interessen des Verwenders und des Vertragspartners bemisst. Ein berechtigter Grund des Verwenders an der Vereinbarung eines Änderungsvorbehalts muss sich daher zwingend in einer hinreichend konkretisierten Formulierung in der Klausel wiederfinden.
Auch der Umfang und die Voraussetzungen für die Änderung müssen für den Vertragspartner aus der Klausel erkennbar werden. Daher ist die Bestimmung "Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen. Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich", unwirksam, da diese Klausel ein voraussetzungsloses Abweichen durch den Verwender ermöglicht. Eine Klausel, die ohne Angabe eines Grundes und ohne Bezugnahme auf die konkreten Voraussetzungen der Erhöhung bestimmter Preise alleine darauf abstellt, dass der Verwender seine Preise jederzeit erhöhen darf, wenn "dies für den Kunden zumutbar ist", verstößt daher auch gegen § 308 Nr. 4 BGB. Wie im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern kann jedoch auch gegenüber Verbrauchern "das Abstellen auf handelsübliche Abweichungen" wirksam sein.
Rz. 1371
Klauseln, die es dem Verwender erlauben, "die Listenpreise für Vertragswaren jederzeit neu festzusetzen" oder "eine preislich und qualitativ gleichwertige Ware zu liefern" sind unwirksam, da kein sachlich gerechtfertigter Grund für das einseitige Leistungsbestimmungsrecht erkennbar ist. Auch scheitert eine solche Klauselgestaltung am AGB-rechtlichen Transparenzgebot. Der Verfall von Bonuspunkten eines Rabattprogramms "binnen 6 Monaten nach Zugang der Kündigung" ist als einseitige Vertragsgestaltung ebenfalls unwirksam.
"Die Einwilligung zu einer automatischen Installation von Updates verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB, da dieser Änderungsvorbehalt ohne Rücksicht darauf vereinbart wurde, ob er für einen Verbraucher zumutbar ist. Gleiches gilt für den Vorbehalt, die Leistungen ganz oder teilweise einzustellen".
Rz. 1372
Eine Preisanpassungsklausel bzw. ein Änderungsvorbehalt in Reiseverträgen, nach dem sich der Reiseveranstalter vorbehält, "die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Falle der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Hafen- oder Flughafengebühren oder einer Änderung der für die betreffende Reise geltende Wechselkurse in dem Umfang zu ändern, wie sich deren Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reiseplatz auswirkt", verstößt ebenfalls gegen § 308 Nr. 4 und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, weil in einer Preiserhöhungsklausel in Reiseverträgen zumindest klargestellt sein muss, welcher Preis Grundlage für die Forderung nach einem erhöhten Reisepreis ist. Zudem ist in der Regel erforderlich, dass ein Preis auch nach unten angepasst wird, wenn die angegebenen Kosten entsprechend sinken.
Aktuell hat der BGH in einem Urteil eine ganze Reihe von Preisanpassungsklauseln für wirksam erachtet. Vorsicht ist jedoch insoweit geboten, als sich die diesbezügliche Argumentation zumindest teilweise an vertragsspezifischen Kriterien orientiert (im BGH-Fall ging es um ein mietähnliches Dauerschuldverhältnis). Die dort aufgestellten Kriterien können also nicht ohne Weiteres auf andere Vertragsarten übertragen werden.
Gleiches gilt für eine Klausel mit einem Änderungsvorbehalt "für den Fall, dass wider Erwarten trotz rechtzeitiger Disposition aus vom Händler nicht zu vertretenden Gründen die bestellte Ware nicht verfügbar ist".
Rz. 1373
Grundsätzlich fallen auch geringfügige Änderungen unter § 308 Nr. 4, da es für dessen Anwendbarkeit – ohne Berücksichtigung der Intensität – lediglich auf die Frage ankommt, ob eine Änderung der vertraglich vereinbarten Leistung vorgenommen werden kann oder nicht. Die Frage der "Geringfügigkeit" wird allerdings bei der Beurteilung der Zumutbarkeit berücksichtigt und...