Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1764
ROM I setzt gemäß Art. 3 ROM I den Grundsatz der freien Rechtswahl fort. Dies gilt grundsätzlich – jedoch mit Einschränkungen – auch bei Verbraucherverträgen, Art 6 ROM I.
Rz. 1765
Eine Rechtswahl kann ausdrücklich oder stillschweigend durch konkludentes Verhalten erfolgen, Art 3 Abs. 1 ROM I. Auch die Rechtswahl in AGB ist möglich, grundsätzlich auch konkludent (durch AGB). Eine konkludente Rechtswahl durch AGB kann sich insbesondere aus Inhalt und Sprache der AGB ergeben, soweit die Formulierungen erkennbar auf eine bestimmte nationale Rechtsordnung ausgerichtet sind. Häufig finden sich zudem Ansatzpunkte für eine konkludente Rechtswahl in Gerichtsstands- oder Schiedsklauseln. Bei der ausdrücklichen Rechtswahl in AGB stellt sich zunächst die Frage der wirksamen Einbeziehung, die gemäß Art. 10 Abs. 1 ROM I nach demjenigen Recht geprüft wird, das bei wirksamer Rechtswahl Vertragsstatut wäre. Der Inhalt der AGB wird in der Regel inhaltlich vom Willen des Verwenders dominiert; folglich wird in der Regel das Recht des Verwenders der AGB gewählt sein. Die Prüfung der wirksamen Einbeziehung der Rechtswahl nach dem gewählten Recht greift der materiellen Rechtswahl gewissermaßen vor. Denn deren Einbeziehung wird ja zunächst nach genau diesem Recht geprüft. Dieser "Vorgriff" ist jedoch durch die Regelung in Art. 10 I ROM I vom europäischen Gesetzgeber gewollt vorgesehen. Einen Ausgleich sieht jedoch Art. 10 II ROM I vor. Danach ist das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes einer Partei entgegen der Regelung in Art. 10 I ROM I anzuwenden, wenn sich auf den Umständen ergibt, dass es nicht gerechtfertigt wäre, die Wirkung des Verhaltens einer Partei nach dem in Art. 10 I ROM I bezeichneten Rechts zu bestimmen. Bei Kaufverträgen im internationalen Wirtschaftsverkehr muss zudem darauf geachtet werden, ob ein Mitgliedstaat des UN-Kaufrechts (CISG) beteiligt ist. Soweit deren Anwendung nicht ausgeschlossen wird, sind die allgemeinen Vorschriften zum Zustandekommen des Vertrages in Art. 14 ff. CISG anzuwenden, bei der Auslegung einzelner Erklärungen ergänzend Art. 8 CISG.
Rz. 1766
Abweichend ist die Frage zu beurteilen, wenn der Vertragspartner den AGB des Verwenders ausdrücklich widerspricht. Hier muss mangels entsprechender Verweisungsvereinbarung bereits die Rechtswahl abgelehnt werden und es erfolgt eine objektive Anknüpfung. Nach den dann maßgebenden Kollisionsnormen ist zu bestimmen, welches Recht zur Anwendung kommt.
Rz. 1767
Problematisch ist die Frage nach dem Recht zur Prüfung der wirksamen Einbeziehung jedoch insbesondere bei Widerspruch gegen die AGB des Verwenders bzw. die Rechtswahlklausel des Verwenders durch Verweis auf eigene AGB durch den Kunden mit abweichender Rechtswahlklausel oder einem Widerspruch, welcher sich konkludent aus dem Kontext bzw. Inhalt der betreffenden abweichenden AGB ergibt. Folgt man der im deutschen Recht geltenden Lösung zu kollidierenden AGB, so würden die sich widersprechenden Klauseln nicht Vertragsinhalt; eine objektive Anknüpfung wäre die Folge. In anderen Rechtsordnungen gilt jedoch noch immer die Theorie des letzten Wortes (last-shot-doctrine), d.h. diejenigen AGB, welchen nicht mehr seitens des anderen Vertragspartners widersprochen wird, gelten. Bei Anwendung dieser Theorie wäre die Rechtswahl dem taktischen AGB-Verwender noch im Nachhinein möglich. Aus diesem Grund ist es vorzuziehen, auch hier die Einbeziehung der Rechtswahl und damit dem wirksamen Verweisungsvertrag abzulehnen mit der Folge der objektiven Anknüpfung.
Rz. 1768
Bei der Wahl deutschen Rechts gelten damit auch hier die Einbeziehungsvoraussetzungen der §§ 305 ff. BGB. So kann eine versteckte Rechtswahlklausel etwa unter einer Überschrift, unter der man diese Bestimmung nicht vermutet, als überraschend angesehen werden. Es liegt dann bereits keine Rechtswahl vor.
Rz. 1769
Eine Inhaltskontrolle der Rechtswahl findet nach wirksamer Einbeziehung nicht statt. Art. 3 Abs. 1, 10 Abs. 1 ROM I regeln die freie Rechtswahl mit der Folge, dass das gewählte Recht – auch wenn es nachteilig ist – zur Anwendung kommt. Der BGH fordert jedoch uneingeschränkt die Einhaltung des Transparenzgebots. Einschränkungen sind zudem in Art. 3 Abs. 3, 4, Art. 6 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 2 ROM I geregelt.
Rz. 1770
Bei Verbraucherverträgen i.S.v. Art. 6 ROM I ist abweichend zu sonstigen Verträgen besonders zu differenzieren. Verbraucherverträge liegen vor, wenn eine natürliche Person zu einem nicht gewerblichen oder beruflichen Zweck einen Vertrag mit einem Unternehmer schließt, welcher im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt. Für diese Verträge kann sich nach der neuen Regelung, trotz Geltung ausländischen Rechts, ebenfalls das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers und damit auch das AGB-Recht durchsetzen. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer seine Tätigkeit in dem Staat ausübt, in welchem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat od...