Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1831
Nach allgemeiner Meinung müssen Rücktritts- oder sonstige Befreiungsgründe, wie z.B. Kündigungs-, Widerrufs- oder Anfechtungsrechte, in einer AGB-Klausel so bestimmt angegeben werden, dass der Vertragspartner ohne Schwierigkeiten feststellen kann, wann der Verwender sich vom Vertrag lösen darf. Das ist letztlich bereits Ausfluss des AGB-rechtlichen Transparenzgebotes. Hierzu bedarf es der Angabe eines sachlich gerechtfertigten Grundes für das Lösungsrecht. Nicht ausreichend ist, dass in der Klausel das Lösungsrecht lediglich abstrakt unter den Vorbehalt eines "sachlichen Grundes" gestellt wird, da der Vertragspartner nicht erkennen kann, wann ein solcher Grund vorliegt. Auch ein Rücktrittsvorbehalt für den Fall von "Betriebsstörungen jeder Art und sonstigen Umständen jeder Art" oder für den Fall, dass ein Rücktritt "notwendig" wird, ist zu unbestimmt und daher unwirksam. Ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarter Rücktrittsgrund ist sachlich auch dann nicht gerechtfertigt, wenn er sich auf Umstände erstreckt, deren Vorliegen der Klauselverwender bei gebotener Sorgfalt schon vor dem Vertragsschluss hätte erkennen können.
Rz. 1832
Auch die Vereinbarung von sog. Selbstbelieferungsklauseln wird nach Maßgabe von § 308 Nr. 3 BGB geprüft, da diese dem Verwender ermöglichen, einseitig und unter Ausschluss des Vertragspartners die vertraglich geschuldete Leistung von einem Dritten zu beziehen und damit die Leistungsmöglichkeit des Vertragspartners zu vereiteln. Der Vorbehalt einer solchen Selbstbelieferung ist daher in AGB nur zulässig, wenn die Klausel die Voraussetzungen und die Gründe für einen solchen Vorbehalt konkret benennt (vgl. die Besonderheiten im unternehmerischen Verkehr, siehe hierzu Rdn 1840). In der Regel kann ein Selbstbelieferungsvorbehalt und die damit verbundene Leistungsfreiheit in AGB nur zulässigerweise vereinbart werden, wenn der Verwender – ohne dass er dies zu vertreten hat – von seinem Lieferanten vertragswidrig nicht beliefert wird, obwohl er mit diesem – in Bezug auf Umfang und Qualität – ein kongruentes Deckungsgeschäft abgeschlossen hatte. Der Vorbehalt muss jedoch in jedem Fall hinreichend klar formuliert werden (nicht ausreichend bspw.: "nicht rechtzeitige Belieferung durch Zulieferer"). Es muss zudem klar erkennbar sein, dass der Selbstbelieferungsvorbehalt nicht uneingeschränkt gilt, sondern auf eben dieses konkrete Deckungsgeschäfts bezogen sein muss.
Rz. 1833
Der Selbstbelieferungsvorbehalt ist zudem nur zulässig, wenn auch die zusätzlichen Anforderungen von § 308 Nr. 8 BGB, insbesondere die darin aufgeführten Informationspflichten, erfüllt sind (vgl. hierzu Rdn 1842).
Rz. 1834
Auch die in den §§ 323, 326 Abs. 4 und 346 BGB vorausgesetzten Erfordernisse einer schuldhaften Pflichtverletzung und einer erfolglosen Abmahnung vor Ausübung des Rücktrittsrechts dürfen nicht ohne sachlichen Grund mittels AGB übergangen werden.
Unwirksam ist daher eine Klausel, die es einer Fluggesellschaft ermöglicht, "bei Nichtvorlage der Kreditkarte, mit der die Reise bezahlt wurde, dem Kunden den Antritt der Reise zu verweigern" und diesem lediglich die Möglichkeit einräumt, "in diesem Fall ein neues Ticket gegen Bargeld oder Vorlage einer anderen Karte vor Ort zu erwerben". Auch die Klausel, die vorsieht, dass der Verwender, "wenn der Käufer nach Ablauf einer ihm vom Verkäufer gesetzten angemessenen Frist die Abnahme verweigert oder vorher ausdrücklich erklärt, nicht abnehmen zu wollen, vom Vertrag zurücktreten und/oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann", ist wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 3 BGB unwirksam.