Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
1. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
Rz. 270
Je stärker der Gerechtigkeitsgehalt der vom Gesetzgeber aufgestellten Dispositivnormen ist, ein desto strengerer Maßstab muss an die Vereinbarkeit von Abweichungen in AGB nach dem Grundsatz von Treu und Glauben angelegt werden.
Rz. 271
Soweit Klauseln in Rede stehen, welche ausschließlich mietvertraglichen Charakter aufweisen, wird man im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB an die §§ 535 ff. BGB anknüpfen können.
2. Transparenzgebot
Rz. 272
Zu etwaigen Zweifeln im Hinblick auf die Transparenz (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) wird verwiesen.
3. Gesamtnichtigkeit
Rz. 273
Sind einzelne AGB-Klauseln eines Automatenaufstellvertrages aufgrund von §§ 305–310 BGB nicht einbezogen oder unwirksam, so kommt eine Nichtigkeit des ganzen Vertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Vielmehr bleibt gemäß § 306 Abs. 1 BGB der Vertrag im Übrigen wirksam. Jedoch kann auch in diesem Falle der Vertrag im Ganzen unwirksam sein, wenn die Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB vorliegen.
Rz. 274
Entgegen der früheren Rechtsprechung kann in Fällen, in denen der Vertrag eine Vielzahl von unzulässigen Bedingungen enthält oder völlig unübersichtlich gestaltet ist, nicht von vornherein Gesamtunwirksamkeit des Vertrages angenommen werden. Denn dies hätte zur Folge, dass § 306 Abs. 1 BGB nicht eingreift. Es würde der gesetzlichen Risikoverteilung widersprechen, gerade dem Verwender, der ohne Rücksicht auf §§ 307–310 BGB eine Vielzahl unangemessener und unübersichtlicher Regelungen verwendet, durch Zubilligung der Gesamtunwirksamkeit zu erlauben, ohne die mit der Begrenzung nach § 306 Abs. 2 BGB verbundenen Gefahren vom Vertrag loszukommen.
Rz. 275
Besteht bei Dauerschuldverhältnissen ein außerordentliches Kündigungsrecht (§ 314 BGB), so müssen die Parteien im Übrigen zunächst von dieser vertraglich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit Gebrauch machen, sofern dadurch die Unzumutbarkeit entfällt. Eine Berufung auf die Unzumutbarkeit i.S.d. § 306 Abs. 3 BGB ist dann nicht möglich.
Rz. 276
Soweit bei Dauerschuldverhältnissen AGB-Klauseln, die dem Verwender ein Lösungsrecht einräumen, nicht Vertragsinhalt werden, reicht im Allgemeinen aus, dass von dem nicht abdingbaren Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) Gebrauch gemacht werden kann. Anderes gilt freilich, wenn sich die Unzumutbarkeit i.S.v. § 306 Abs. 3 BGB nur durch eine – im Wege außerordentlicher Kündigung nicht möglichen – ex tunc-Nichtgeltung des Vertrages abwenden lässt. Grundsätzlich rechtfertigt die Unwirksamkeit einzelner oder auch einiger vertraglicher Regelungen nach dem Grundsatz des § 306 Abs. 3 BGB die Annahme einer Gesamtnichtigkeit noch nicht.