Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
1. § 310 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB
Rz. 593
Gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB greifen für Getränkelieferungsverträge die Klauselkataloge der §§ 308, 309 BGB in aller Regel im Hinblick auf die Unternehmereigenschaft des Gastwirts (§ 14 BGB) nicht unmittelbar. Über § 310 Abs. 1 S. 2 BGB können jedoch die Wertungen der §§ 308, 309 BGB unter angemessener Berücksichtigung der im Unternehmerverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche im Rahmen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 und Abs. 2 (Nr. 1 und 2) BGB Bedeutung erlangen.
2. § 309 BGB
Rz. 594
Grundsätzlich anwendbar auf Getränkelieferungsverträge sind über § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Klauselverbote des § 309 Nr. 3, 4, 5a und 12 BGB. Andere Klauselverbote, wie etwa die des § 309 Nr. 2, 5b, 6, 9 und 10 BGB, finden dagegen im Unternehmer-/Existenzgründerverkehr im Hinblick auf die dort geltenden Gewohnheiten und Gebräuche keine Anwendung. Zwar ist dann die Prüfung des § 307 Abs. 1 BGB nicht gesperrt. Die Wertungen der speziellen Klauselverbote des § 309 BGB haben aber insofern weder indizielle noch mittelbare Bedeutung.
3. § 308 BGB
Rz. 595
Die Klauselverbote des § 308 BGB sind in der Regel auf den unternehmerischen Verkehr übertragbar, weil in ihren Wertungsspielräumen die unternehmerischen Besonderheiten berücksichtigt werden können. Liegt ein Verstoß gegen § 308 BGB vor, so wird der Unternehmer gemäß § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt. Folglich dürfte den Klauselverboten des § 308 BGB eine Indizfunktion im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zukommen.
4. § 307 BGB
Rz. 596
Formularmäßige Bezugsbindungen unterliegen der Inhaltskontrolle lediglich nach § 307 BGB, weil es sich bei Gastwirten und Getränkelieferanten um Unternehmer, vor allem um Kaufleute und sonstige Gewerbetreibende i.S.d. § 310 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB handelt.
Rz. 597
Bei Eigentümererklärungen scheidet eine Inhaltskontrolle nicht nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB aus, weil es kein gesetzliches Leitbild gibt, an dem der Vertrag gesondert gemessen werden könnte.
5. Verhältnis zur Inhaltskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB
Rz. 598
Praktisch bedeutsam ist die Frage, wie sich die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu der nach § 138 Abs. 1 BGB verhält. Grundsätzlich sind beide Bestimmungen nebeneinander anwendbar. Allerdings stellt § 138 Abs. 1 BGB im objektiven Bereich höhere Anforderungen an die Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags als § 307 Abs. 1 BGB. Sittenwidrigkeit erfordert eine grobe Interessenverletzung von erheblicher Stärke und in der Regel subjektive Vorwerfbarkeit. Dagegen setzt § 307 BGB objektiv (nur) eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung voraus und hat kein subjektives Tatbestandsmerkmal. Zudem verlangt § 307 BGB, wie sich aus dem Wort "unangemessen" ergibt, eine grobe Interessenverletzung von erheblicher Stärke. Die Wirksamkeitsschranke des § 138 (Abs. 1) BGB liegt somit erheblich höher als die des § 307 (Abs. 1) BGB. Sind die Voraussetzungen des § 307 Abs. 1 BGB nicht erfüllt, so ist § 138 Abs. 1 BGB erst recht nicht gegeben. Daher ist die Gefahr, an der Nichtigkeitshürde des § 307 BGB zu scheitern, eher gegeben, als dass die Nichtigkeitssanktion des § 138 Abs. 1 BGB eintritt. Im Übrigen sind in die Prüfung nach § 138 Abs. 1 BGB auch Klauseln einzubeziehen, die nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden sind oder einer Inhaltskontrolle nach §§ 307–309 BGB nicht standhalten.
6. Grundlagen der Angemessenheitsprüfung
Rz. 599
Nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 S, 1 BGB ist eine Bestimmung in AGB, in welcher der die Vertragsgestaltung für sich in Anspruch nehmende Getränkelieferant entgegen den Geboten von Treu und Gl...