Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 828
Gibt der Gläubiger eine ihm zur Sicherung der Hauptforderung eingeräumte akzessorische Sicherheit, also eine Hypothek, ein Schiffspfandrecht, ein Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen, auf, so wird er gemäß § 776 S. 1 BGB insoweit frei, als er aus diesem Recht gemäß § 774 BGB einen Ausgleich hätte verlangen können. Dem Bürgen steht damit ein Verwirkungseinwand zu, der zu einem endgültigen Rechtsverlust des Gläubigers führt. Dies gilt auch dann, wenn das Recht erst nach Bürgschaftsübernahme entstanden ist (§ 776 S. 2 BGB). Soweit bei nicht akzessorischen Sicherheiten der Gläubiger dem Bürgen zur Übertragung in analoger Anwendung der §§ 774, 412, 401 BGB schuldrechtlich verpflichtet ist, kommt § 776 S. 1 BGB analog zur Anwendung. Dies gilt also insbesondere bei Sicherungsgrundschulden und Rentenschulden. Diese Regelung ist Ausdruck der Akzessorietät der Bürgschaftsschuld. Ein formularmäßiger Ausschluss der Leistungsbefreiung für den Fall der Sicherheitenaufgabe stellt daher eine unangemessene Benachteiligung des Bürgen dar und ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Oftmals liegt die Insolvenz des Hauptschuldners nicht fern, wenn es zu einer Inanspruchnahme des Bürgen kommt, sodass Sicherheiten anderer Sicherungsgeber wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs in § 774 BGB regelmäßig die einzige Möglichkeit des Bürgen sind, sich zumindest teilweise im Regresswege schadlos zu halten. Ein Verzicht auf seine Einrede aus § 776 BGB würde damit das Insolvenzrisiko trotz weiterer Sicherungsgeber und der im Innenverhältnis grundsätzlich vorgesehenen anteiligen Haftung der Sicherungsgeber untereinander vollständig auf den Bürgen verlagern. Daher ist auch eine solche Klausel unzulässig, wonach dem Gläubiger eine Abtretung, die nur vorübergehend zur Sicherheitenaufgabe führen soll, erlaubt sein soll. Eine im Zeitpunkt der Abtretung bereits vereinbarte spätere Rückübereignung kann den Enthaftungstatbestand des § 776 BGB nicht aushebeln. Etwas anderes gilt für Bürgschaften zugunsten einer Bank. Hier dient der Ausschluss von § 776 BGB dazu, die finanzielle Bewegungsfreiheit der Bank und ihrer Kunden zu erhalten. In diesem Fall geht es nicht um eine Verlagerung des Insolvenzrisikos, sodass in dieser Konstellation ausnahmsweise keine Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 1 BGB anzunehmen ist.
Rz. 829
Soweit Sicherheiten nicht nur für die mit der Bürgschaft abgesicherte Hauptschuld bestehen, kann der Gläubiger den Erlös aus der Verwertung dieser Sicherheiten nicht auf den von der Bürgschaft nicht erfassten Teil einer Forderung gegen den Hauptschuldner verrechnen. Eine entsprechende Klausel würde zu demselben Ergebnis führen wie eine Freigabe und wäre damit unwirksam. Damit führt das Verbot eines formularmäßigen Verzichts des Bürgen auf sein Recht aus § 776 BGB zu einer Einschränkung der Verrechnungsfreiheit des Gläubigers. Ausnahmsweise aber soll daher eine formularmäßige Verrechnungsabrede zulässig sein, wenn zusätzliche Sicherungsrechte bereits bei Bürgschaftsübernahme bestanden haben und der Bürge hiervon Kenntnis hatte, da der Bürge in diesem Fall damit rechnen müsse, dass der Erlös aus der Verwertung dieser Rechte zur Erfüllung anderer Ansprüche verwendet würde. Voraussetzung ist aber dann, dass der Darlehensvertrag, auf den sich die Bürgschaft bezieht und oder der Bürgschaftsvertrag hinsichtlich der gestellten Sicherheiten die Kredite abschließend benennt, für die eine anderweitige Verwertung möglich sein soll.