Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
34.1
A. Allgemeines
Rz. 1245
Es sind zunächst zu unterscheiden: Verkauf von Neufahrzeugen vom Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen und sodann unternehmensbezogener Rechtsverkehr und der Verkauf an Private.
Rz. 1246
Ebenfalls kann das Vorliegen von AGB zweifelhaft sein. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB gilt hier nur, wenn AGB vorliegen. AGB sind von unverbindlichen Erklärungen abzugrenzen. Dies ist nach dem Grundsatz objektiver Auslegung zu ermitteln.
Rz. 1247
Das Urteil des BGH zur Anwendung des AGB-Rechts bei Vereinbarung eines bestimmten Formulars könnte den Pkw-Verkauf weitgehend dem AGB-Recht entziehen.
Rz. 1248
Sachverhalt: Die Parteien, beides keine Unternehmer, haben telefonisch die Verwendung eines bestimmten Formulars vereinbart, das der Beklagte Pkw-Verkäufer bereits griffbereit hatte. Dieses war von einem Dritten (hier einer Versicherung) erstellt. Es enthielt Regelungen, die an sich gegen AGB-Recht verstoßen.
Rz. 1249
Sicherlich kann bei Verträgen zwischen Privatleuten ein Formular vereinbart werden, das von einem Dritten erstellt wurde. Einigen sich die Parteien vorab auf dieses Formular, so sind die hierin enthaltenen Regelungen nach Auffassung des VIII. Senats keine AGB, da es am Merkmal des "Stellens" fehle. Voraussetzung ist jedoch: Es muss eine freie Entscheidung vorliegen, d.h. der andere Vertragsteil (hier: der Erwerber) muss in der Auswahl der in Betracht kommenden Texte frei sein und eine effektive Möglichkeit haben, den eigenen alternativen Text in die Verhandlungen einzubringen. Die Rechtsprechung hat einen richtigen Ansatz: Vereinbaren zwei erfahrene Parteien z.B. in Kenntnis der VOB/B unabhängig voneinander deren Anwendung, so fehlt es am Merkmal des Stellens und die Bedingungen (z.B. VOB/B) unterliegen nicht der Inhaltskontrolle. Gleichwohl ist diese Rechtsprechung des VIII. Senats kritisch zu hinterfragen: Das Merkmal des Stellens in § 305 BGB ist im Zusammenhang zu sehen mit dem Erfordernis, dass der andere Teil mit den AGB einverstanden sein muss, 305 Abs. 2 BGB. Kommt der Kaufinteressent also zum Verkäufer, der ihm das Formular über einen Pkw-Kaufvertrag vorlegt, und erklärt, er sei hiermit einverstanden, so dürfte niemand den AGB-Charakter des Formulars in Frage stellen. Auch bei einzelnen Klauseln reicht es nicht, wenn diese besprochen werden und der Mietinteressent erklärt "Ich bin hiermit einverstanden“. Für ein Aushandeln muss vielmehr Abänderungsbereitschaft erkennbar sein, der Verwender muss den gesetzesfremden Kerngehalt ernsthaft zur Disposition stellen. Und auch hier ist es nicht ausreichend, wenn die Wahl zwischen zwei Alternativen angeboten wird, die beide gegen AGB-Recht verstoßen würden."
Rz. 1250
Das Merkmal des Stellens ist erfüllt, wenn eine Seite AGB in den Vertrag einbeziehen will. Dies reicht für die Einseitigkeit aus. Dies ist auch erfüllt, wenn der Verwender AGB einbeziehen möchte, unabhängig davon, ob diese selber erstellt wurden oder ein Dritter diese entworfen hat (was bei Privatleuten fast immer der Fall sein wird). Das Merkmal des Stellens entfällt nur dann, wenn der andere Teil die Bedingungen auch kennt und unabhängig vom Vorschlag des Verwenders deren Einbeziehung wünscht. Beide Voraussetzungen lagen hier (soweit erkennbar) nicht vor.
Rz. 1251
Das Einverständnis des Kunden ist nicht anders zu beurteilen als ein vor Unterzeichnung erklärtes Einverständnis mit den AGB, ja sogar mit einer vorformulierten Einverständniserklärung "Ich habe die AGB gelesen und bin hiermit einverstanden".
Rz. 1252
Das Merkmal des Stellens wird hierdurch nicht beseitigt und die Inhaltskontrolle ist weiterhin möglich.
Rz. 1253
Nachdem im Verbrauchergeschäft der andere Teil auch darzulegen und notfalls zu beweisen hat, dass die Bedingungen gestellt wurden, wird er vielfach ohne Schutz bleiben. Der Vertragspartner, dem die Rolle des Verwenders zukommen soll, braucht dann nur vorzutragen, der andere Teil habe gewünscht, diese Bedingungen zu verwenden. Insoweit werden die Instanzgerichte auch abschließend entscheiden und eine Korrektur durch den BGH ist bei den Sachfragen nicht mehr möglich.
Rz. 1254
Trotz neuer BGH-Rechtsprechung vermag das "Telefonat am Vortag" und die Einigung auf ein bestimmtes Formular unwirksame AGB nicht zu retten.
Rz. 1255
Werden gängige Formulare oder Klauseln benutzt, so kommt es nicht darauf an, ob der Verkäufer diese zur mehrfachen Verwendung nutzen möchte; es reicht hier ein Verwendungsfall, um die §§ 305 ff. BGB, insbesondere auch die Inhaltskontrolle, anzuwenden.