Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
64.1
A. Sportliche Regelwerke und Allgemeine Geschäftsbedingungen
Rz. 1874
Sportvereine und -verbände haben die sich aus der Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 1 GG ergebende Befugnis, für ihre Mitglieder verbindliches Recht zu setzen. Die Vereinigungsfreiheit beinhaltet demnach insbesondere auch das Satzungsrecht, d.h. das Recht zur Schaffung eigener Regelungen durch die Vereine und Verbände. Durch die Satzung wird das innere Leben der Vereinigungen durch Normen geregelt. Allerdings geschieht die Setzung des Rechts als private Normgeber nicht im rechtsfreien Raum. Eine schrankenlose Rechtsetzung ist weder von Art. 9 Abs. 1 GG noch von der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG erlaubt. Ebenso wie staatliches Recht müssen sich die Vereins- und Verbandsnormenwerke an formellen und materiellen Rechtmäßigkeitskriterien messen lassen.
Rz. 1875
Es stellt sich daher die Frage nach der Anwendbarkeit der AGB-Bestimmungen gemäß §§ 305 ff. BGB auf Vereins- und Verbandssatzungen und die von diesen abgeleiteten Nebenordnungen. In der Literatur wird von einzelnen Vertretern geltend gemacht, dass Regelungen in Satzungen oder Nebenordnungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind und demnach unmittelbar und direkt der Inhaltskontrolle unterliegen. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Richtigerweise muss § 310 Abs. 4 BGB, der normiert, dass die Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in §§ 305–310 BGB u.a. keine Anwendung auf Verträge des Gesellschaftsrechts finden, extensiv ausgelegt und daher so verstanden werden, dass die Anwendung auch im Verhältnis der Vereinigung zum Mitglied ausscheidet. Dies liegt darin begründet, dass dieses Verhältnis keine Austauschbeziehung mit grundsätzlich entgegengesetzten Interessen darstellt, sondern eine Organisation gemeinsamer Zweckverfolgung und die Ordnung mitgliedschaftlicher Beziehungen. Es handelt sich also bei den Vereins- und Verbandssatzungen um gesellschaftsrechtlich einzuordnende Verträge. Für diese passen die §§ 305–310 BGB nicht. Dies ist auch die Ansicht des BGH, der im sog. Reiter-Fall eine Anwendung des AGB-Rechts im Hinblick auf sportliche Regelwerke verneint hat.
Rz. 1876
Auch wenn die Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Anwendung finden, so besteht doch Einigkeit in der Rechtsprechung und der herrschenden Literaturmeinung, dass Satzungsbestimmungen einer richterlichen Kontrolle unterworfen sind. Eine Satzung und die von ihr abgeleiteten Nebenordnungen können daher nur wirksam angewendet werden, sofern sie von der Autonomie und Ordnungsgewalt der Vereinigung umfasst sind; mithin innerhalb der allgemein für die Rechtsausübung bestehenden Grenzen. Damit findet zivilrechtlich eine Kontrolle anhand der §§ 134, 138, 242, 826 BGB statt.
B. Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sportarbeitsrecht
I. Allgemeines
Rz. 1877
Die Anwendbarkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sportarbeitsrecht bedingt zunächst den Abschluss von Arbeitsverträgen. Diese werden vor allem zwischen Sportklubs als Arbeitgebern und professionellen Sportlern und Trainern im Mannschaftssport als Arbeitnehmern geschlossen.
Rz. 1878
Im Bereich des professionellen Sports wird bisweilen die Sinnhaftigkeit der Anwendung der Regelungen der §§ 305 ff. BGB auf die Arbeitsverträge mit Sportlern bezweifelt, was damit begründet wird, dass die Sportler nicht mit "normalen" Arbeitnehmern zu vergleichen seien. Es wird dabei darauf abgestellt, dass sie grundsätzlich eine sich aus ihrem Spezialistentum ergebende stärkere Verhandlungsposition gegenüber den Arbeitgebern, den Sportklubs, hätten. Dies kann aber nicht überzeugen. Eine solche Differenzierung sieht das Gesetz schon gar nicht vor. Außerdem greift die Argumentation zu kurz, da diese starke Verhandlungsposition bei wenigen Spitzensportlern wirklich gegeben sein mag, dies aber keineswegs auf die breite Masse der professionellen Sportler zutrifft.
Entsprechend haben sich die Arbeitsgerichte seit der Öffnung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 für Arbeitsverträge (unter Berücksichtigung der Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 BGB) verstärk...