Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1964
Treu und Glauben verpflichten den Verwender von AGB, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (siehe auch Stichwort "Zins- und Zinsberechnungsklauseln" sowie § 307 BGB Rdn 26). Das Erfordernis der transparenten Gestaltung von AGB fand sich jedoch im AGBG selbst nicht, es wurde erst mit der Schuldrechtsmodernisierung in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB legal definiert. Nach dem Transparenzgebot kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Kunden auch daraus ergeben, dass die AGB-Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Eine inhaltliche Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand ist hiermit nicht eingetreten, lediglich die inhaltliche Herleitung des Transparenzgebots ist damit eindeutig kraft Gesetzes geregelt. Nur hierdurch konnte der "Transparenzfunktion" des neuen Gesetzes Rechnung getragen werden. Dies, wie auch die umfangreiche Rechtsprechung zum Transparenzgebot, war Anlass für den Gesetzgeber, bei der Schuldrechtsnovelle das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich zu verankern.
Rz. 1965
Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Dieses verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen.
Rz. 1966
Nicht jeder Verstoß gegen das "Transparenzgebot" führt zur Unwirksamkeit von Vertragsbestimmungen. Rechtsfolge ist vielfach auch nur, dass AGB nicht Vertragsbestandteil werden oder zulasten des Verwenders wirken. Man muss hierbei Folgendes unterscheiden:
Rz. 1967
Für die Einbeziehung setzt insbesondere § 305 Abs. 2 BGB spezielle Transparenzerfordernisse voraus. Der Verwender muss den Kunden ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Vertrag unter Zugrundelegung der AGB abgeschlossen werden soll, dem Kunden muss die Möglichkeit verschafft werden, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen, d.h. die AGB müssen für den Durchschnittskunden mühelos lesbar sein und ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit aufweisen. Ferner müssen die Klauseln zumindest im Kernbereich verständlich sein.
Rz. 1968
Klauseln, die nicht nur in den Randzonen, sondern auch in ihrem Kernbereich unklar und unverständlich sind, sind unwirksam. Die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung des Vertragspartners ist kein selbstständiges Tatbestandsmerkmal, diese wird ohnehin durch die Verwendung einer intransparenten Klausel indiziert.
Rz. 1969
Ein geltungserhaltende Reduktion intransparenter Klauseln scheidet aus, ebenso grundsätzlich eine ergänzende Vertragsauslegung, da das Transparenzgebot sonst ins Leere liefe.
Rz. 1970
Vom Verwender müssen im Einzelfall sogar konkretere Formulierungen verlangt werden, als sie der Gesetzgeber generell als notwendig ansieht.
Rz. 1971
Auch eine Bestimmung in einem formularmäßigen Bauvertrag, wonach Gewährleistung und Haftung des Unternehmers sich nach der VOB/B bzw. BGB richten und bei unterschiedlicher Auffassung jeweils die günstigere für den Bauherrn gilt, ist unwirksam. Im Rahmen von Automatenaufstellverträgen ist eine Klausel, wonach der Aufsteller zum Austausch oder zur Abräumung eines oder mehrerer Geräte binnen einer Anzeigefrist von einer Woche berechtigt ist, falls das oder die Geräte eine ausreichende Einnahme nicht einspielen, ohne dass der Ausstellungsvertrag hierdurch berührt würde, gänzlich unbestimmt und daher unwirksam. Das OLG Stuttgart hat eine im Kernbereich unklare Klausel auch angenommen, wonach für nicht ausdrücklich geregelte Fragen die VOB gelte. Auch sog. Salvatorische Klauseln verstoßen gegen das Verständlichkeitsgebot des § 305 Abs. 2 BGB, zumindest dann, wenn eine klare und unzweideutige Fassung möglich und zumutbar ist. Das Verständnis deutschsprachiger AGB kann zwar für Ausländer mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, der Verwender ist jedoch gleichwohl nicht verpflichtet, eine Übersetzung zur Verfügung zu stellen, sofern sich die Parteien der deutschen Sprache in ihren rechtsgeschäftlichen Beziehungen bedienen. Notfalls muss der Kunde selbst vor Vertragsschluss die erforderliche Übersetzung beschaffen und muss andernfalls den nicht zur Kenntnis genommenen Text der AGB gegen sich gelten lassen.
Rz. 1972
Gegen das Transparenzgebot verstoßende Klauseln können auch als überraschende Klauseln nach § 305c BGB angesehen werden, etwa wenn Regelungsinhalte in den jeweiligen AGB nicht zu der Überschrift passen und der Kunde im Zusammenhang mit den jeweiligen Regelungskomplexen der AGB nicht mit einer gänzlich anders gelagerten Regelung rechnen musste. So kann umgekehrt der Überraschungseffekt nach § 305c Abs. 1 BGB durch einen entsprechend deutlichen Hinweis entfallen: Ist eine Klausel lediglich "im Randbereich" unklar und sind mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar, so gehen diese Unklarheiten nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Es gilt dann die dem Kunden...