Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
76.1
A. Allgemeines
Rz. 2228
Der Vertragshändlervertrag ist ein Rahmenvertrag, durch den sich der Vertragshändler verpflichtet, vom Hersteller oder Zwischenhändler angebotene Markenware im eigenen Namen und auf eigene Rechnung aufgrund einzelner Kaufverträge zu beziehen und weiter zu vertreiben. Hierbei ist der Vertragshändler in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingegliedert und insbesondere berechtigt, die Ausstattungs- und Zeichenrechte des Herstellers zu benutzen. Derartige Verträge sind etwa im Kfz-Vertrieb weit verbreitet und unterliegen Schranken zumeist nicht nur aus den §§ 305 ff. BGB, sondern auch aus dem nationalen und internationalen Wettbewerbs- und Kartellrecht. Aus dem Bereich des Handelsrechts ist insbesondere § 89b HGB entsprechend anwendbar, wonach der Vertragshändler bei Beendigung der Verträge unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleichsanspruch besitzt. Die entsprechende Anwendung dieser Bestimmung kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Vertragshändler in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert und verpflichtet ist, seinen Kundenstamm dem Hersteller zu überlassen. Ist § 89b HGB entsprechend anwendbar, so kann der Anspruch nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Im Kartellrecht ist insbesondere auf § 20 Abs. 1 GWB hinzuweisen, wonach eine unbillige Behinderung und ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung (Diskriminierung) unzulässig ist, wenn der Hersteller eine marktbeherrschende Stellung besitzt. § 34 GWB a.F. enthielt Schriftformerfordernisse für Vertragshändlerverträge, d.h. Vertragshändlerverträge waren schriftlich abzufassen. Dies ist nun nicht mehr erforderlich, da § 34 GWB entfallen ist. Gleiches gilt für etwaige Zusatzabreden. Ein Verstoß hiergegen stellt die Wirksamkeit des ganzen Vertrags in Frage. Dieses Schriftformgebot ist jedoch nunmehr entfallen. Jeder Teil kann jedoch verlangen, dass die Vereinbarung schriftlich erfolgt, § 85 HGB analog. Wegen § 14 GWB a.F. waren Preisbindungen unzulässig. Diese Bestimmung ist ersatzlos entfallen, jedoch hat die Kfz-GVO in Art. 4 Abs. 1a Grenzen aufgezeigt, die auch AGB-rechtlich einzuhalten sind: Der Händler muss berechtigt sein, den Verkaufspreis selber festzusetzen. Zulässig sind unverbindliche Preisempfehlungen des Herstellers wie auch Höchstpreisfestsetzungen. Dagegen kann der Hersteller unverbindliche Preisempfehlungen dem Vertragshändler an die Hand geben, § 22 (bisher: § 38a) GWB. Ein bloßes Abweichen von diesen Preislisten über 3 % stellt noch keinen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 4 und 5 UWG dar, vielmehr ist entscheidend, was der Vertragshändler üblicherweise für Preise verlangt.
Rz. 2229
Im Bereich des europäischen Kartellrechts ist die Gruppenfreistellung von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (GVO1400/2002) einzuhalten, um die Nichtigkeitssanktion aus Art. 101 AEUV (bisher § 81 EG-Vertrag) zu vermeiden. Vereinbarungen, wonach der Händler zu Abnahmen, Lagerhaltung, Garantie und Kundendienst, zur Teilnahme an Werbeaktionen u.a. verpflichtet ist, sind auch in Formularverträgen wirksam. Sie konkretisieren vielfach nur die ohnehin bestehende Pflicht zur Vertriebsförderung und zur Interessenwahrnehmung des Herstellers. Vielfach sind diese Klauseln jedoch deshalb unwirksam, weil sie gänzlich unbestimmt sind oder dem Hersteller ein unbegrenztes Ermessen einräumen. Der Hersteller muss dagegen den Vertrieb konkurrierender Erzeugnisse durch den Händler, so die Übernahme einer Zweitvertretung, dulden, sofern der Händler hierfür sachlich gerechtfertigte Gründe nachweist. Bezugsbedingungen für Ersatzteile können dann vorgesehen werden, wenn die konkurrierenden Teile nicht den Qualitätsstandards der Originalteile entsprechen. Anderes gilt nur für die Verwendung von Teilen bei Gewährleistungs-, Garantie- oder Kulanzarbeiten auf Kosten des Herstellers. Klauseln, wonach der Fortbestand des Vertrags von der Eigentums- oder Geschäftsführungssituation im Unternehmen des Vertragshändlers abhängig gemacht wird, wurden wegen der vertraglichen Vertrauensbeziehung gebilligt. Der Hersteller konnte sich auch das Recht ausbedingen, bei Lieferengpässen die verfügbare Produktion anteilig auf verschiedene Vertragshändler aufzuteilen oder neue Bestellungen nur eingeschränkt anzunehmen. Der Hersteller konnte sich auch das Recht vorbehalten, Bestellungen über auslaufende Modelle abzulehnen. Er musste jedoch dem Vertragshändler die Modelländerung rechtzeitig mitteilen. Klauseln, wonach der Hersteller zur Belieferung des Händlers auch ohne Bestellung berechtigt ist, konnten allenfalls bei bestehendem Remissionsrecht Bestand haben. Übernahm der Hersteller unmittelbar gegenüber dem Kunden des Vertragshändlers eine Herstellergarantie, so wurden hieraus vertragliche Beziehungen zwischen dem Kunden und dem Vertragshändler nicht tangiert (siehe auch Stichwort "Garantie"). Gleichwohl hat der BGH eine Klausel, nach der der Hersteller die von ihr übernommene Gewährleistung und Garantie jeder...