Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 653
Zunächst ist zu prüfen, ob das Recht des Getränkelieferanten zur Übertragung seiner Rechte auf einen Dritten in den sachlichen Anwendungsbereich des § 305 Abs. 1 BGB fällt. Wenn sich auch aus der äußeren Form des Vertragstextes sowie aus dem Umstand, dass der Geschäftsführer des beklagten Getränkelieferanten den Vertragstext zu einem Notartermin mitgebracht hatte, eine Vorformulierung ergibt, so steht damit aber noch nicht fest, dass die Rechtsnachfolgeklausel i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden war. Ob dies der Fall ist, muss nämlich im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände geprüft werden. Der Umstand, dass die Klausel auch in einem weiteren, von den Parteien abgeschlossenen, später allerdings nicht durchgeführten Vertrag enthalten war, reicht hierfür nicht aus, weil die untere Grenze für eine Vielzahl von Verwendungsfällen jedenfalls nicht unter drei beabsichtigten Verwendungen anzusetzen ist.
Rz. 654
Eine Verbrauchereigenschaft ist allenfalls bei Eigentümerbindungen oder Mithaftungserklärungen Dritter denkbar. Allerdings gilt § 309 Nr. 10 BGB auch im Unternehmerverkehr (§ 310 Abs. 1 S. 2 BGB). Danach ist die Klausel nur wirksam, wenn der Nachfolger namentlich benannt wird oder wenn dem anderen Teil bei Eintritt des Nachfolgers ein Recht zur sofortigen Vertragsbeendigung eingeräumt wird. Der Getränkelieferungsvertrag gehört jedenfalls nicht zu den in dem speziellen Klauselverbot genannten Vertragstypen. Dies könnte allenfalls hinsichtlich der Darlehenskomponente anders zu beurteilen sein.
Rz. 655
Bereits ein Umkehrschluss aus § 309 Nr. 10 BGB, der solche Klauseln gerade nicht allgemein, sondern nur dann missbilligt, wenn sie Kauf-, Dienst- oder Werkverträge betreffen und gegenüber Vertragspartnern verwandt werden, die keine Unternehmer sind, zeigt, dass formularmäßige Vertragsübertragungsklauseln gegenüber einem Unternehmer nicht generell eine unangemessene Benachteiligung darstellen. Generell bedarf es im Rahmen der Interessenabwägung einer Prüfung der jeweiligen typischen Umstände des Einzelfalls. Zugunsten des AGB-Verwenders ist das Interesse an einer Bestandsübertragung zu beachten, zugunsten des AGB-Gegners das Interesse, sich über die Zuverlässigkeit und Solvenz des Übernehmers Gewissheit verschaffen zu können. Die Zulässigkeit einer nicht von § 309 Nr. 10 BGB gedeckten Vertragsübertragung ist daher zu bejahen, wenn ein berechtigtes Interesse auf Seiten des Verwenders besteht und die Interessen des Partners nicht (wesentlich) beeinträchtigt werden. Das Interesse des AGB-Verwenders ist höher zu bewerten, wenn der Vertrag eine besonders lange (verbleibende) Laufzeit hat und je stärker die Bindung des AGB-Gegners, z.B. durch eine langfristige Ausschließlichkeitsbindung ist. Eine solche Beeinträchtigung liegt z.B. auch vor, wenn sich der Vertragsinhalt aufgrund des Wechsels des Verwenders ändern würde.
Rz. 656
Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Übertragungsklauseln bei Getränkelieferungsverträgen ist nicht frei von Widersprüchen. Im Jahre 1998 entschied der BGH, dass ein formularmäßig vereinbartes generelles unbeschränktes Übertragungsrecht die Interessen des Gastwirts entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und damit unwirksam ist, weil es Fälle des Rechtsübergangs auf einen anderen Getränkelieferanten einbezieht, bei denen sich die Durchführung des Getränkelieferungsvertrags inhaltlich entscheidend zum Nachteil des Gastwirts ändern würde. Mit der Vertragsklausel "Die Rechte und Pflichten gehen auf die jeweiligen Rechtsnachfolger über und werden von ihnen übernommen." werde dem Getränkelieferanten auch die Befugnis eingeräumt, die Rechte ohne jede Einschränkung auf einen Rechtsnachfolger zu übertragen, somit auch bei Einstellung des Braubetriebs, bei Verlegung der Braustelle oder bei Änderung der Biermarke. Jede inhaltlich entscheidende Veränderung der Vertragsdurchführung sei eine unangemessene Benachteiligung des Gastwirts. Sehe der Vertrag die Lieferung der Hauptbiermarke des Verwenders (ohne diese namentlich zu nennen) vor, so wäre dieser Inhalt bei einem anderen Verwender ein anderer. Räumt das Übertragungsrecht die Befugnis ein, die Rechte aus einem Getränkelieferungsvertrag unabhängig davon zu übertragen, ob hiermit ein Wechsel der Biersorte verbunden ist, so verstoße dies gegen § 307 Abs. 1 BGB. Auch diese Entscheidung ist umfassender Kritik ausgesetzt.