Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
1. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. §§ 339 S. 1, 286 Abs. 4 BGB
Rz. 326
Eine Vertragsstrafenklausel darf unabhängig von der Höhe einer vorformulierten Vertragsstrafe nicht verschuldensunabhängig gestaltet sein. Dabei ist nicht erforderlich, dass die vertragliche Regelung nach dem Wortlaut Verschulden voraussetzt. Ist sie jedoch so formuliert, dass die Vertragsstrafe vom Gastwirt nur verwirkt wird, wenn er die dafür maßgeblichen Gründe zu vertreten hat, dann wird an ein Verschulden des Verpflichteten angeknüpft. Eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe ist dann nicht zu erkennen. Zwar kann das Verschuldenserfordernis durch AGB abbedungen werden, wenn bei dem betreffenden Vertragstyp gewichtige Gründe für eine verschuldensunabhängige Haftung vorliegen. Dies dürfte aber bei Automatenaufstellverträgen ausgeschlossen sein. Soweit eine Vertragsstrafe gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist, kommt eine Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB auch im Unternehmerverkehr nicht in Betracht, und zwar unabhängig davon, ob der Gastwirt eingetragener Kaufmann war oder nicht.
2. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB
a) Grundlagen
Rz. 327
Die von § 309 Nr. 6 BGB nicht erfassten Vertragsstrafentypen sind nicht im Umkehrschluss generell als zulässig anzusehen. Vielmehr unterliegen sie auch im Unternehmerverkehr der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liegt vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen. Dabei ist ein genereller Prüfungsmaßstab, eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste, typisierende Betrachtungsweise, zugrunde zu legen.
b) Kumulationsverbot
Rz. 328
Vereinzelt enthalten Automatenaufstellverträge Schadensersatz- und Vertragsstrafenklauseln nebeneinander. Dann ist die Anrechnungspflicht nach §§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 BGB zu beachten, unabhängig davon, ob Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder wegen Schlechterfüllung verlangt wird. Folglich kann die Verpflichtung des Automatenaufstellers, sich auf seinen Schadensersatz wegen Nichterfüllung die aus gleichem Grunde vom Gastwirt verwirkte Vertragsstrafe anrechnen zu lassen (§ 340 Abs. 2 BGB), nicht durch AGB abbedungen werden.
Rz. 329
Das Verbot der Kumulation von Schadensersatz und Vertragsstrafe (§§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 BGB) gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn hierfür ein anzuerkennendes Bedürfnis besteht. So im Geschäftsverkehr der Unternehmer bei Dauerschuldverhältnissen, insbesondere auch bei Automatenaufstellverträgen. Hier gibt es ebenso wie in den Bereichen des Wettbewerbsrechts sowie bei Patent- und Lizenzverletzungen ein anzuerkennendes Bedürfnis für die Kumulation von Schadensersatz- und Vertragsstrafenansprüchen, aber nur dann, wenn der Sicherungszweck für die Zukunft nicht entfallen ist.
Rz. 330
Wird in der Vertragsstrafenklausel etwa die Formulierung "Darüber hinausgehende Schadensersatzansprüche des Aufstellers werden hierdurch nicht berührt." verwendet, so stimmt die Klausel mit der gesetzlichen Regelung überein. Denn steht dem Automatenaufsteller ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen (§ 340 Abs. 2 S. 1 BGB). Nach § 340 Abs. 2 S. 2 BGB ist die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen. Hier ergibt die Auslegung, dass es an einer Kumulation von Schadenersatz wegen Nichterfüllung und Vertragsstrafenregelung fehlt.
Rz. 331
Streitig ist, ob eine Klausel, nach der die Strafe den Erfüllungsanspruch unberührt lässt, ohne Weiteres im Hinblick auf §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 340 Abs. 1 S. 1 BGB zulässig ist.
c) Höhe
Rz. 332
Von einer unangemessen hoch angesetzten Strafe, die die Unwirksamkeit zur Folge hat, ist auszugehen, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und dessen Folgen für den Vertragspartner steht. Dies ist dann der Fall, wenn die Höhe der Vertragsstrafe nicht an das Gewicht des Vertragsversto...