Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 2223
Die Klausel kann auch nicht auf einen zulässigen Inhalt geltungserhaltend reduziert werden und ist insgesamt unwirksam. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob grundsätzlich ein berechtigtes Interesse der Krankenversicherung besteht, dass der Versicherungsnehmer nicht zugleich den Facharzt aufsucht, denn die Klausel geht weit über die anzuerkennenden Fälle hinaus. Unerheblich ist es auch, ob die Versicherung in AGB ihre Ersatzleistung generell auf nur 80 % reduzieren dürfte, was im Grundsatz wie eine Eigenbeteiligungsklausel möglich wäre. Der Vertrag bleibt i.Ü. wirksam.
Rz. 2224
Eine ergänzende Vertragsauslegung kann bei der Unwirksamkeit von AGB grundsätzlich nicht erfolgen, da hierdurch das Risiko der Verwendung ähnlich einer verbotenen geltungserhaltenden Reduktion teilweise auf den Vertragspartner verlagert würde. Eine Ausnahme macht der BGH nur für eng begrenzte Sonderfälle:
§ 306 Abs. 2 BGB schließt nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine ergänzende Vertragsauslegung nicht aus, weil es sich bei den Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB, in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um gesetzliche Vorschriften i.S.d. § 306 Abs. 2 BGB handelt. Jedoch muss auch bei einer ergänzenden Vertragsauslegung die Entscheidung des Gesetzgebers beachtet werden, den Vertrag grundsätzlich mit dem sich aus den Normen des dispositiven Gesetzesrechts, welche der ergänzenden Vertragsauslegung vorgehen, ergebenden Inhalt aufrecht zu erhalten. Diese kommt daher nur in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge einseitig zugunsten des Kunden verschiebt. Eine Erweiterung des Vertragsgegenstandes darf mit der ergänzenden Vertragsauslegung nicht verbunden sein und es muss dem Versicherer unzumutbar sein, an dem lückenhaften Vertrag festgehalten zu werden.
Rz. 2225
In Verbraucherverträgen kann die ergänzende Vertragsauslegung zudem zu einem Verstoß gegen die Klauselrichtlinie führen.
Rz. 2226
Auch eine Teilbarkeit der Klausel liegt nicht vor. Für die Teilbarkeit der Klausel legen BGH wie BAG den Blue Pencil-Test zugrunde: Ist nach Streichung des unwirksamen Teils der übrige noch verständlich? Liegen inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen vor? Nur diese können Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein. Entgeltklauseln sind dagegen i.d.R. nicht trennbar.
Auch der Zusatz zur Erstattung von Arznei- und Verbandmitteln ist nicht trennbar.