Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
1. Haftung dem Grunde nach
Rz. 672
Auch in Getränkelieferungsverträgen scheitert eine Schadensersatzhaftung ohne Verschulden an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sich ein Schadensersatzverlangen des Getränkelieferanten regelmäßig nur auf § 281 Abs. 1 BGB gründen lässt und das Verschuldenserfordernis zum gesetzlichen Leitbild dieser Vorschrift gehört (§§ 280 Abs. 1, 276 BGB).
Rz. 673
Da das Verschuldenserfordernis zum Kernbereich der Schadensersatzhaftung gehört, ist es auch nicht ausreichend, wenn die Klausel einen Nachweis fehlenden Verschuldens nicht ausdrücklich ausschließt. Höherrangige Interessen des Getränkelieferanten, die ausnahmsweise eine Abweichung von dem Verschuldenserfordernis rechtfertigen könnten, sind durchweg nicht anzunehmen. Daher genügt die Verwendung des Wortes "vertragswidrig" nicht. Diese Formulierung bezieht sich auf die Pflichtverletzung und nicht auf das Vertretenmüssen.
Rz. 674
Dem Getränkelieferanten ist es im Allgemeinen zuzumuten, entsprechend § 281 Abs. 1 BGB zu verfahren, die Obliegenheit zur Mahnung kann auch im Unternehmerverkehr nicht formularmäßig abgedungen werden (§§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 309 Nr. 4 BGB).
Rz. 675
Gleiches gilt für das Erfordernis der Nachfristsetzung.
Rz. 676
Heißt es in einer Kündigungsklausel, dass die Kündigung nicht etwaige Schadensersatzansprüche beseitigt, so bestehen hinsichtlich der Bestimmtheit der Schadensersatzklausel allerdings letztlich keine Bedenken.
Rz. 677
Unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist es, dass der Getränkelieferant die vertragswidrig bezogene Getränkemenge verbindlich festlegen darf, wenn es dem Gastwirt nicht binnen acht Tagen gelungen ist, hierzu beweiskräftige Angaben zu machen.
2. Schadensersatzpauschalierungen
a) Abgrenzung zur Vertragsstrafe
Rz. 678
Es bedarf ggf. sorgfältiger Prüfung, ob Schadensersatzpauschalierungen nicht tatsächlich verdeckte Vertragsstrafenversprechen enthalten. Während die Schadenspauschalierung allein den Schadensbeweis ersparen soll, hat die Vertragsstrafe einen doppelten Zweck. Erstens besteht ihr Zweck darin, die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit als "Druckmittel" zu sichern. Praktisch bedeutsam ist die Vertragsstrafedaher zur Abwehr von Fremd- und Minderbezügen. Sie soll dem Gläubiger zweitens im Falle einer Leistungsstörung den Schadensbeweis ersparen. Insofern besteht zur Schadensersatzpauschalierung Zweckidentität. Was gewollt ist, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Der gewählte Wortlaut ist für das eine wie für das andere ein gewisses Indiz. So sprechen die Formulierungen "Schadensersatz", "entgangener Gewinn", "…-entschädigung" und ähnliche für eine Schadensersatzpauschale. Erfüllt eine Klausel beide Begriffe, so muss sie auch die Anforderungen von § 309 Nr. 5 und 6 BGB einhalten.
Rz. 679
Jedenfalls im Unternehmerverkehr dürfte eine Abgrenzung zwischen Vertragsstrafe einerseits und Schadensersatz andererseits zum...