Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 111
Der Arbeitgeber kann sich bei der formularvertraglichen Vereinbarung von Leistungen, zu deren Gewährung er nicht ohnehin verpflichtet ist, vorbehalten, über die tatsächliche Gewährung der Leistung bzw. deren Höhe nach seinem Ermessen zu entscheiden. Einen Anspruch auf die Leistung erwirbt der Arbeitnehmer in diesem Fall nur nach Maßgabe der getroffenen Leistungsbestimmung. Häufig verpflichtet sich der Arbeitgeber, seine Entscheidung über die Auszahlung und deren Höhe von bestimmten Faktoren abhängig zu machen (z.B. "Der Mitarbeiter erhält eine zusätzliche Vergütung, die unter Berücksichtigung der Ertragslage jährlich neu festgelegt wird."). Verbreitet sind solche Leistungsbestimmungsrechte vor allem in Bezug auf Boni sowie Gratifikationen. Eine gängige Variante ist es, dass sich der Arbeitgeber verpflichtet, im Rahmen seines Ermessens ein Bonusvolumen festzulegen, von dessen Höhe der individuelle Bonus der einzelnen Arbeitnehmer abhängt. Übt der Arbeitgeber sein Leistungsbestimmungsrecht nicht bzw. nicht rechtzeitig aus oder entspricht seine Bestimmung nicht billigem Ermessen, kann der Arbeitnehmer nach § 315 Abs. 3 BGB eine Leistungsbestimmung durch das Gericht beantragen.
Rz. 112
Im Vergleich zu anderen Klauseln, mit denen der Arbeitgeber eine Bindung in Bezug auf nicht geschuldete Sonderzuwendungen zu vermeiden versucht (insbesondere Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte), entscheidet das BAG im Rahmen der AGB-Kontrolle großzügig zugunsten der Wirksamkeit von Leistungsbestimmungsrechten. Ein Leistungsbestimmungsrecht stellt nach Ansicht des BAG keinen gemäß § 308 Nr. 4 BGB unzulässigen Änderungsvorbehalt dar, weil es keine Änderung der Leistung bewirkt, sondern ihre erstmalige Festlegung. Es benachteiligt den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen, da das Gesetz Leistungsbestimmungsrechte in § 315 BGB selbst vorsieht und damit ihre Vereinbarung gerade nicht i.S.v. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB von Rechtsvorschriften abweicht. Der für Widerrufsvorbehalte geltenden Flexibilisierungsgrenze von 25 % der Gesamtvergütung kommt bei der Vereinbarung von Leistungsbestimmungsrechten keine Bedeutung zu.
Rz. 113
Auch im Rahmen der Transparenzkontrolle von formularvertraglichen Leistungsbestimmungsrechten stellt das BAG keine hohen Anforderungen. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, dass der Arbeitgeber über die Festsetzung der Sonderzahlung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu entscheiden hat. Er muss der Klausel nicht entnehmen können, wie hoch die Zahlung letztlich ausfallen wird. Auch fordert das BAG nicht, dass die Klausel konkrete Maßstäbe für die vom Arbeitgeber zu treffende Ermessensentscheidung vorgibt. Unschädlich ist es zudem, wenn der vom Arbeitgeber bei seiner Entscheidung zu beachtende Ermessensmaßstab nicht festgelegt ist. Die Entscheidung ist gemäß § 315 Abs. 1 BGB im Zweifel nach billigem Ermessen zu treffen. Da die Zusage einer ins Ermessen gestellten Sonderzahlung tatsächlich einen (bedingten) Anspruch begründet, ist es anders als bei der Vereinbarung eines Freiwilligkeitsvorbehalts (vgl. hierzu Rdn 101) grundsätzlich unschädlich, wenn die Formulierung der Klausel den Eindruck einer festen Zusage der Leistung dem Grunde nach erweckt. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich allerdings daraus ergeben, dass die Regelung einerseits spezifische Leistungsanreize für den Arbeitnehmer setzt (z.B. durch Zielvorgaben), durch das Leistungsbestimmungsrecht aber zugleich die Entscheidung über die Zahlung allein vom Willen des Arbeitgebers abhängig gemacht wird.