Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
1. Saldenbestätigungen
Rz. 771
Entsprechende Klauseln weisen AGB-rechtliche Probleme auf. Die darin enthaltene Erklärungsfiktion i.S.d. § 308 Nr. 5 BGB ist auch im Unternehmerverkehr (§ 310 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB) zu beachten. Die Frist zum Widerspruch gegen den mitgeteilten Kontokorrentsaldo von acht Tagen ist in Anbetracht des Bedürfnisses der Brauerei nach möglichst kurzfristiger Klärung der Verhältnisse durchaus als angemessen anzusehen. Zwar fehlt die nach § 308 Nr. 5b BGB grundsätzlich im Falle einer klauselmäßig vereinbarten Erklärungsfiktion aufzunehmende Verpflichtung des Verwenders zur Erteilung eines gesonderten Hinweises auf die möglichen Folgen einer widerspruchslosen Entgegennahme. Ein solcher Hinweis ist aber entbehrlich, denn es kann davon ausgegangen werden, dass in dem entsprechenden Geschäftszweig (Getränkebranche), in dem sowohl die klagende Brauerei als auch die beklagten Getränkefachgroßhändler tätig sind, die Verwendung derartiger Erklärungsfiktionen als bekannt vorausgesetzt werden kann. Dies ergibt sich bereits aus den von den Parteien in Bezug genommenen Entscheidungen, die beide eine ähnliche Vertragsgestaltung zum Gegenstand hatten. Auch in diesen Fällen enthielten die dort von den Getränkelieferanten verwendeten branchentypischen AGB vergleichbare Erklärungsfiktionen hinsichtlich des Leergutsaldos.
Rz. 772
Gegen die Saldenbestätigungsklausel ist auch im Hinblick § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nichts zu erinnern, weil ein sachlich anzuerkennendes Bedürfnis der Brauerei an deren Verwendung besteht. Der Brauerei wird es bei der großen Zahl des ständig im Umlauf befindlichen Leerguts sowie der bei jeder Lieferung erfolgten Änderung des Leergutsaldos ohne Verwendung einer derartigen Erklärungsfiktion nur sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich sein, im Bestreitensfall die Entwicklung eines solchen Leergutsaldos von Beginn der Geschäftsbeziehung an lückenlos durch Darstellung sämtlicher Bewegungen dieses Kontos darzulegen und ggf. zu beweisen. Praktikabel ist allein die Abrechnung des Leerguts im hier praktizierten Wege, die nicht zuletzt auch im Interesse der Kunden der Brauerei, denen das Leergut kostenfrei überlassen wird, erfolgt. Aus diesem Grunde bestehen gegen die Wirksamkeit der Vertragsklausel letztendlich keine durchgreifenden Bedenken, denn der Schwerpunkt bei der Inhaltskontrolle im Hinblick auf Erklärungsfiktionen im Unternehmerverkehr sollte grundsätzlich nicht bei der Einhaltung der formalen Kriterien des § 308 Nr. 5 BGB, sondern bei der materiellen Überprüfung liegen, ob an der Fiktion angesichts ihrer Anknüpfungspunkte und Rechtsfragen ein sachlich anzuerkennendes Interesse des Verwenders besteht. Dies auch vor dem Hintergrund, dass dem Schweigen im Rechtsverkehr unter Kaufleuten auch in einer Anzahl von gesetzlich ausdrücklich geregelten Fällen eine andere Bedeutung beigemessen wird, als dies im nichtkaufmännischen Verkehr der Fall ist.
2. Wiederbeschaffungswertklauseln
a) Schranke des § 309 Nr. 5a BGB
Rz. 773
Die Zulässigkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Getränkelieferanten, wonach für nicht zurückgegebenes Leergut dessen Wiederbeschaffungswert bzw. ein prozentualer Anteil hiervon als Ersatz zu zahlen ist, ist seit langem umstritten. Im Rahmen der Vorteilsaufgleichung (Abzug neu für alt) werden in der Rechtsprechung unterschiedlich hohe Abschläge als erforderlich angesehen. Eine unzulässige Bereicherung ist auch dann anzunehmen, wenn Pfand, Mietzins und Kaufpreis für Leergut gezahlt werden müssen.
b) Höhe
Rz. 774
Nur selten gelingt es Getränkelieferanten, zur Höhe des Schadens konkret vorzutragen. Dann ist an die Möglichkeit der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO zu denken.
c) Schranke des § 309 Nr. 5b BGB
Rz. 775
Auch bei Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzes ist dem Schuldner der Nachweis eines geringeren Schadens zuzulassen.