Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 135
Zu differenzieren ist zwischen einfachen und doppelten Schriftformklauseln. Eine einfache Schriftformklausel sieht vor, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen. Eine solche Klausel verhindert allerdings weder das Entstehen einer betrieblichen Übung noch schließt sie individuelle mündliche Vereinbarungen wirksam aus. Denn die Arbeitsvertragsparteien können ein vereinbartes Schriftformerfordernis jederzeit schlüssig und formlos aufheben. Das ist sogar dann möglich, wenn die Vertragsparteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform überhaupt nicht gedacht haben. Einfache Schriftformklauseln sind deshalb in Formulararbeitsverträgen nur geeignet, beim Arbeitnehmer den falschen Eindruck zu wecken, mündliche Zusagen des Arbeitgebers hätten keinen Wert. Einen wirksamen Regelungsgehalt haben sie nicht.
Rz. 136
Sog. doppelte Schriftformklauseln erstrecken das Formerfordernis im Unterschied zur einfachen Schriftformklausel explizit auch auf vereinbarte Ausnahmen vom Schriftformerfordernis selbst ("Das Schriftformerfordernis gilt auch für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis."). Eine doppelte Schriftformklausel kann, uneingeschränkt formuliert, beim Arbeitnehmer den Eindruck erwecken, jede spätere vom Vertrag abweichende mündliche Abrede sei gemäß § 125 S. 2 BGB nichtig. Das entspricht nicht der wahren Rechtslage. Denn gemäß § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auch wenn sie mündlich erfolgen. Dieses Prinzip des Vorrangs (mündlicher) individueller Vertragsabreden setzt sich auch gegenüber doppelten Schriftformklauseln durch. Eine doppelte Schriftformklausel, die diese Rechtslage nicht korrekt darstellt, ist intransparent und benachteiligt den Arbeitnehmer deshalb unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB. Eine solche Klausel sollte deshalb den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass das Schriftformerfordernis nicht für mündliche Individualvereinbarungen gilt.
Rz. 137
Durch die doppelte Schriftformklausel kann allerdings verhindert werden, dass eine betriebliche Übung entsteht. Denn der Vorrang von Individualabreden gemäß § 305b BGB erfasst grundsätzlich nicht betriebliche Übungen. Unter diesem Gesichtspunkt hält das BAG doppelte Schriftformklauseln grundsätzlich für zulässig, weil der Arbeitgeber ein anerkennenswertes Interesse daran habe, zu vermeiden, dass sein tatsächliches Verhalten ohne einen entsprechenden Rechtsbindungswillen zu einem vertraglichen Anspruch führt.
Rz. 138
Auf die Unwirksamkeit einer Schriftformklausel nach § 307 Abs. 1 BGB kann sich der Arbeitgeber als deren Verwender nicht berufen.